Gewerkschaftsticker

Erstmals seit Jahren konnten die Gewerkschaften in der Tarifrunde 1999 deutliche Reallohnsteigerungen durchsetzen. Die Abschlussraten lagen in den meisten Branchen bei rund 3% und damit deutlich über der zu erwartenden Preissteigerung von knapp 1%. Zu diesem Ergebnis kommt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung in seiner jüngsten Tarifbilanz.

BDI-Präsident Henkel hat eine grundlegende Neugestaltung des Tarifsystems gefordert. Der Flächentarif solle künftig nur noch einen Teil der jährlichen Lohnerhöhung festlegen, den Rest sollten Betriebsleitungen und Belegschaften in den Unternehmen aushandeln, sagte Henkel. Der "Sockel" für die Mindesttariferhöhung in der gesamten Branche solle etwa bei einem Drittel des Produktivitätszuwachses liegen, sagte der Kapitalistenchef. Der Rest sei dann in den Betrieben "selbstverantwortlich" zu vereinbaren.

Tarifrunde 2000: Der IG Metall-Vorstand hat den regionalen Tarifkommissionen ein Forderungsvolumen "bis zu 5,5%" für die rund 3,4 Mio. Beschäftigten der Metallindustrie Ost- und Westdeutschlands empfohlen. Mit dieser Forderung sollen sowohl die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen erhöht, als auch der vorzeitige Ausstieg aus dem Berufsleben mit 60 finanziert werden, sagte Klaus Zwickel. Mit dem neuen Jahr beginnt auch die Tarifrunde 2000. Am 24.1. finden in Frankfurt/Main Tarifverhandlungen statt. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zeigen: Tarifergebnisse mit deutlichen Gehaltssteigerungen und beschäftigungswirksamen Regelungen sind notwendig. Deshalb fordert die Gewerkschaft HBV für diese Tarifrunde u.a. 5,5% mehr Gehalt und Sicherung der Beschäftigung. Das Bundesinnenministerium will bei den diesjährigen Tarifverhandlungen erreichen, dass die Erhöhung der Beamtengehälter unterhalb des Inflationsausgleichs liegt. Bei den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst müsse die Arbeitsplatz-Garantie genauso berücksichtigt werden wie die finanzielle Situation des Arbeitgebers. Außerdem wurde ein weiterer Stellenabbau im öffentlichen Dienst angekündigt.

Auf Initiative der GdED (Eisenbahner-Gewerkschaft) haben 19 Verbände eine "Allianz pro Schiene" gegründet. Sie soll die Position des Schienenverkehrs im Bereich Güterverkehr verbessern. Mitglieder der Allianz sind u.a. die Umweltverbände BUND und Deutscher Naturschutzring.

IG Metall-Vorstandsmitglied Horst Schmitthenner hat gefordert, den Kündigungsschutz für behinderte ArbeitnehmerInnen zu verbessern. Ansonsten würde die Arbeitslosigkeit unter Behinderten weiter steigen. Schon jetzt sind 191.000 Schwerbehinderte arbeitslos.

Der NGG-Vorsitzende Franz-Josef Möllenberg hat sich gegen staatlich subventionierte Niedriglöhne ausgesprochen. "Wir brauchen kein neues Subventionsfass für Unternehmen." Dadurch gerieten tarifliche Niedriglöhne weiter unter Druck. Gegen "Arbeit in Armut" fordert Möllenberg einen gesetzlichen Mindestlohn von 2.500 DM.

Gegen Rüstungsexporte: Im DGB-Landesbezirk Baden-Württemberg regt sich Widerstand gegen die Zustimmung des Arbeitskreises Wehrtechnik der IG Metall zum Export des Kampfpanzers Leopard 2 in die Türkei. In einem Brief fordern die süddeutschen GewerkschafterInnen dazu auf, die gewerkschaftlichen Positionen zur Abrüstung "offensiv" zu vertreten. "Die Erkenntnis, dass Geld, das weltweit für Waffen ausgegeben wird, fehlt, um die sozial gerechte und demokratische Entwicklung von Gesellschaften zu fördern, dass Rüstungsexporte insbesondere in Krisengebiete die Eskalation der Gewalt befördern, hat sich in vielen Beschlüssen von Gewerkschaftstagen niedergeschlagen." Kritisiert wird nicht nur die Forderung nach Panzerlieferungen in die Türkei, sondern auch die Unterstützung des Bundeswehreinsatzes im Kosovo durch den DGB-Vorsitzenden Dieter Schulte.

Nach Angaben des Washingtoner World Watch Instituts sterben weltweit pro Jahr mehr als eine Million Menschen durch Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten, mehr als durch Autounfälle oder Kriege.

(hg)