Landtagswahl

Grüne Polizeigewalt gegen KriegsgegnerInnen

Am 1. Februar riefen die Grünen erstmals in Schleswig-Holstein die Polizei zu Hilfe, um eine Veranstaltung gegen linke KritikerInnen durchzusetzen. Die Bundestagsabgeordnete Angelika Beer wollte in der Kieler Pumpe über Rüstungsexporte sprechen, etwa zwanzig GegnerInnen des Jugoslawien-Krieges wollten sie nicht zu Wort kommen lassen. Die Grünen ließen die StörerInnen von der Polizei aus dem Saal räumen.

"Leoparden küsst man nicht" war - in Anspielung auf den jüngsten Panzerdeal mit der Türkei - die Veranstaltung betitelt, auf der die grüne Bundestagsabgeordnete aus Schleswig-Holstein, Angelika Beer, und der Friedensforscher Hans-Joachim Gießmann von der Uni Hamburg über Rüstungsexporte und Menschenrechte diskutieren wollten. Keinesfalls mit Beer diskutieren wollte eine Gruppe KriegsgegnerInnen, die die Politikerin wegen ihrer Befürwortung des Kriegseinsatzes gegen Jugoslawien als "Kriegstreiberin" bezeichneten, die "kein Rederecht" habe. Sie bauten sich mit einem Transparent vor dem Podium auf und ließen Beer nicht zu Wort kommen. Bereits im vorigen November war auf diese Weise am selben Ort eine Veranstaltung mit der verteidigungspolitischen Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion gesprengt worden, damals war die Veranstaltung abgebrochen worden.

Diesmal jedoch waren die Grünen entschlossen, die Diskussion auf jeden Fall durchzusetzen. Polizei war von Beginn an in der Pumpe reichlich vertreten, Angelika Beer selbst trat mit gleich vier BKA-Bodyguards auf. Und nach einigem Hin und Her gaben dann die Vertreter des grünen Landesverbandes an die Pumpe (die das Hausrecht innehatte) die Order, die StörerInnen von der Polizei räumen zu lassen. So traten die OrdnungshüterInnen in Aktion, u.a. mit Polizeihunden hielten sie Einzug in die Galerie der Pumpe. Das war einer ganzen Reihe von BesucherInnen zuviel, die sich von einer grünen Veranstaltung wohl nicht so viele grüne Uniformen erwartet hatten, sie verließen den Raum. Die StörerInnen wurden dann mit Gewalt herausgedrängt, bei einer Rangelei gab es einen Leichtverletzten, von einem der Demonstranten wurden die Personalien aufgenommen.

Die grüne Diskussionsrunde verzog sich dann in den kleinen Seminarraum der Pumpe, weiterhin bewacht von mindestens zehn Polizisten, die sich in dem engen Flur vor dem Raum postierten, und natürlich Frau Beers persönlicher Leibwache. Die Diskussion wurde dann vor deutlich geschrumpftem Zuhörerkreis und mit erheblicher Verspätung durchgezogen.

Angekommen - Angelika Beer mit Volker Rühe (links)

Angelika Beer, die ursprünglich vom linken Flügel der Grünen stammt und in den 80er Jahren in der außerparlamentarischen Anti-AKW- und Friedensbewegung aktiv war, war das Ganze sichtlich unangenehm. 1998 noch hatte Beer als Rednerin an den linken Gelöbnix-Protesten gegen das öffentliche Bundeswehrgelöbnis auf dem Kieler Rathausplatz teilgenommen.

Beer als einstiger Antimilitaristin wird von den KritikerInnen eine besondere Rolle unter den KriegsbefürworterInnen zugeschrieben: Sie habe dadurch, dass sie ihre "innere Zerrissenheit" bezüglich des Kriegs zur Schau gestellt habe, auch kritisches Potential einbinden können in eine Position, die letztlich auf ein klares Ja zum Nato-Krieg hinauslief - begründet mit dem Vorwand der "Menschenrechte".

Einige der Protestierenden am 1.2. gingen jedoch in der Ablehnung Beers und der Grünen noch weiter: Sie bezeichneten die Grünen als die "moderne NSDAP", die die "Politik Hitlers" weiterführe, die Verhinderung der grünen Veranstaltung sei deshalb "antifaschistischer Widerstand".

Dass Antimilitarismus oder schon eine militärkritische Haltung auch in rot-grünen Regierungszeiten eine Sache der (außerparlamentarischen) Opposition ist, machte dann Angelika Beer auf der in kleiner Runde fortgeführten und intensiv bewachten Veranstaltung deutlich. Sie forderte wie zu Oppositionszeiten, jetzt müsse mit Rüstungsexporten viel restriktiver umgegangen werden, allein die neuen Rüstungsexport-Richtlinien auf dem Papier nützten nichts. Jegliche Waffenexporte in die Türkei seien für sie nicht aktzeptabel. (Bekanntlich stehen demnächst mindestens zwei größere Rüstungsgeschäfte mit der Türkei an: Neben dem viel diskutierten Leopard II handelt es sich um den zu Unrecht viel weniger bekannten Fall des Kampfhubschraubers "Tiger".)

Und Angelika Beer lobte ausgiebig die Anti-Rüstungsexport-Initiativen, die der Regierung (ihrer Regierung) auf die Finger sehen und Informationen sammeln sollten. Denn mit Informationen ist das auch für die verteidigungspolitische Sprecherin einer Regierungsfraktion so eine Sache: Als sie wissen wollte, welche weiteren Rüstungsanfragen der Türkei vorlägen, habe ihr die Bundesregierung aus Gründen der Geheimhaltung keine Auskunft gegeben. Die Antwort habe sie dann im Internet gefunden: Dort habe die türkische Regierung ihre Ausschreibungen für Rüstungsprojekte veröffentlicht.

In einer Pressemitteilung am folgenden Tag (2.2.) gab Angelika Beer u.a. bekannt: "Politische Auseinandersetzung ist uns wichtig und wir werden sie uns nicht verbieten lassen. Respekt vor politisch Andersdenkenden ist keine Einbahnstraße. Ich bin froh, dass wir die Veranstaltung mit einem diskussionsfreudigen Publikum zu Ende führen und eine gewaltsame Eskalation verhindern konnten." Ansonsten wünscht sie sich eine Diskussion mit den KriegsgegnerInnen um die Frage, "wie wir eine militärische Eskalation von Konflikten künftig verhindern können".

(H.H.)