KERNspalte

Das Jahr der Genehmigungen hat begonnen. Nicht nur etliche Castor-Transporte dürfen ab August wieder rollen, auch die Entsorgungsfrage ist gelöst: Allein im Dezember des abgelaufenen Jahres haben die Betreiber der Atomkraftwerke neun Anträge für den Bau von Zwischenlagern für 12 AKWs gestellt. Bei einer zu erwartenden Genehmigung könnten die Anlagen damit noch jahrzehntelang weiterlaufen. Indes ist das Sicherheitskonzept dieser Art von Lagerung ausschließlich auf die Dichtheit der Behälter aufgebaut, da die umgebende Zwischenlagerhalle höchstens vor Regen schützt. Die nordrhein-westfälische Landesregierung gab nun zu, dass ein Großteil der in Ahaus lagernden Castoren bereits nach fünf Jahren Rostschäden hat. Ob die Behälterdeckel auch nach 40 oder 100 Jahren noch dicht sind, scheint daher sehr zweifelhaft.

Für den reisefreudigen und gutbetuchten AKW-Gegner haben die Grüne Europa-Jugend, die ukrainische Grüne Alternative und die französische Umweltschutzgruppe Chiché etwas Besonderes anzubieten: Ein Anti-Tschernobyl-Seminar in Kiew vom 21. bis 27.4. - inclusive Exkursion in die Verbotene Zone, Monumentbau, Diskussion mit ukrainischen Atomprogrammprotagonisten, Film und Vortrag zum Thema Niedrigstrahlung. Näheres ist zu erfragen im Internet (http://www.altern.org/chiche) oder per email an: chiche@innocent.com.

Renate Backhaus, BUND-Mitglied und MdL der Grünen für den Landkreis Lüchow-Dannenberg, wirft ihrer eigenen Partei den "Ausstieg aus der Politik" vor, weil diese sich in Sachen Atomenergie ausschließlich auf eine betriebswirtschaftliche Diskussion eingelassen habe. Witzig ist, dass sie sich dazu in ihr Alter-Ego als LV-Vorsitzende des BUND verwandelt. Das ist konsequent, denn als Mitglied der Grünen/Bündnis 90 vertritt sie natürlich die Parteiziele, und die lauten Regierungsbeteiligung, Koalitionsfrieden und Spesenabrechnung.

Einige Anti-AKW-Gruppen machen gegen die EXPO 2000 mobil. An der Weltausstellung in Hannover stört sie v.a. die Einbindung der Kernspaltung (EPR) und -fusion als angebliche Zukunftstechnologien, was hervorragend in das Gesamtkonzept der Ausstellung passt: Die Probleme der Menschheit und speziell die ökologischen Probleme sind lösbar - durch neue Technik, also durch das Engagement der Industrie. Zu den weltweiten Projekten der EXPO gehören auch der Fusionsforschungsreaktor Wendelstein 7X bei Greifswald und der Forschungsreaktor in Garching. Da auch der Transrapid als Zukunftstechnologie vorgestellt wird, ist jedenfalls klar, wofür die Energie benötigt wird. Doch auch die Windenergie hat ihren Platz. Leider wird der Windenergiepark Westküste im Kaiser-Wilhelm-Koog von der Schleswag, Tochter der Preussen-Elektra, vorgestellt. Die Zielrichtung ist klar: Da die Windenergienutzung angeblich noch zu unrentabel ist, brauchen wir die Kernenergie noch ungefähr 35 Jahre. Findet Trittin ja inzwischen auch.

Das geplante Zwischenlager am AKW Philippsburg spaltet die atomfreundliche Gemeinde. Zwar ist der "Arbeitskreis gegen das AKW Philippsburg" immer noch in einer Randposition. Dafür sind aber auch die AKW-Befürworter aus SPD und CDU großenteils gegen das Zwischenlager (wegen des Verfalls der Grundstückspreise) - allerdings verbunden mit der drastischen Forderung an die Bundesregierung, die Castortransporte wieder aufzunehmen, damit das Lager überflüssig wird. Die EnBW will aber darauf nicht allein vertrauen und hat den Bürgermeister irgendwie dazu gebracht, eine windelweiche Haltung einzunehmen, aus der sich gar nichts ablesen lässt. Drei Transporte von Philippsburg nach Ahaus sind schon genehmigt, aber der ungehemmte Betrieb des AKW mit seinen 800 Arbeitsplätzen ist nur gesichert, wenn weitere Transporte stattfinden oder in zwei Jahren das Zwischenlager steht. Um mit den Zwischenlager-Fans unter sich zu sein und sich nicht von den Castor-Fans stören zu lassen, hatte Bürgermeister Schmidt die Teilnahme an einer Infoveranstaltung von einem befristeten Coupon-Eintrittskarten-System abhängig gemacht, das von der Kommunalaufsicht allerdings kassiert wurde - durch seine eigene Partei, die SPD.

(BG)