Landtagswahl

Von der DVU lernen heißt siegen lernen?

Die West-Landesverbände gelten innerhalb der PDS als reichlich widerspenstig. Wenigstens die Schleswig-Holsteinische Parteigliederung dürfte sich aber mit dem vergangenen Landtagswahlkampf in die Herzen des Parteivorstandes gespielt haben. Die generöse Wahlkampfunterstützung von 200-250 TDM wurde ganz im Sinne der Berliner Parteistrategen ausgegeben, die endlich aus der Schmuddelecke antikapitalistischer Positionen heraus und an zukünftigen Regierungsbündnissen mit der SPD (oder doch gleich der CDU?) feilen wollen.

In voraus eilendem Gehorsam zu Gregor Gysi, der der Berliner Zeitung erklärt hatte, "Wir brauchen Dialogfähigkeit mit allen gesellschaftlichen Kräften, auch mit der katholischen Kirche (...) mit Konservativen aus der CDU und selbst der CSU", walzten die lokalen Wahlkampfkoordinatoren mit ihren (offenbar jeweils in Berlin abgesegneten) Wahlkampfmaterialien alles platt, was auch nur im entferntesten den Unmut des nunmehr ins Auge gefassten bürgerlichen Klientels erregen könnte. Nicht umsonst wurde im Vorfeld des Wahlkampfes getönt, man müsse sich, eingedenk der großen Wahlerfolge der DVU der letzten Jahre, zwar nicht ideologisch, aber doch methodisch an deren Wahlkämpfen orientieren.

Heraus gekommen ist u.a. ein Kurzwahlprogramm, welches das zuvor auf einer Landesmitgliederversammlung beschlossene Wahlprogramm in auch für flüchtige Leserinnen und Leser konsumierbare Häppchen eindampfen sollte. Die Diktion des Blättchens ("Unser Land ist ein schönes Land, Unser Land hat fleißige Menschen") ist zusammenfassend interpretierbar als "Wir sind stolz, Schleswig-Holsteiner (Deutsche?) zu sein". Aber auch bei den etwas inhaltsschwangereren Aussagen ergeben sich interessante Abweichungen zum von der Basis abgesegneten Programm. So wird die Forderung nach einer Verkürzung der Lebens- und Wochenarbeitszeit zwar genannt, den wohl entscheidenden Zusatz des Programms - "bei vollem Lohnausgleich" - fanden die Autorinnen und Autoren aber wohl zu radikal, er wurde ersatzlos gestrichen.

"Für ein fortschrittliches Schulsystem" wollte die Basis im Wahlkampf streiten, bei den Genossinnen und Genossen an der Wahlfront wurde daraus: "Unser Land hat ein fortschrittliches Schulsystem". Kritikern gegenüber wird argumentiert, "die (...) dargestellten Sinnentfremdungen sind sicherlich nur dem geübten Leser deutlich", womit dem durchschnittlichen PDS-Sympathisanten offenbar struktureller Analphabetismus unterstellt wird.

Das Kalkül ist nicht aufgegangen. Magere 1,4% der Stimmen (gegenüber 1,5% zur Bundestagswahl) konnte die Partei verbuchen. 7% der Bevölkerung hatten laut Emnid 1998 kein Vertrauen in die parlamentarische Demokratie. Dieser Wert hat sich mittlerweile auf 17% mehr als verdoppelt. Beste Voraussetzungen also für eine fundamentale Systemkritik einer sozialistischen Partei. Eine weitere Partei der neuen Mitte wollte wohl keiner haben. Nun haben die Genossinnen und Genossen aber Zeit, bis zur Kommunalwahl 2002 zu überlegen, ob ein sozialistisches Profil beim Buhlen um die Wählergunst nicht doch ganz hilfreich ist.

(mk)