KERNspalte

Die Umweltministerin von Rheinland-Pfalz, Martini (SPD), hat einen Vorschlag, wie die laufenden AKW mit der Strommengen-Verrechnung noch länger laufen können als ohnehin schon vorgesehen, wobei sie sich gleichzeitig Arbeit und Ärger sparen würde: Das stillgelegte und nicht genehmigungsfähige AKW Mülheim-Kärlich soll auch im dritten Anlauf keinen Genehmigungsbescheid erhalten, dafür soll aber die dort nicht produzierte Strommenge mit anderen, weiterlaufenden AKWs der RWE verrechnet werden. Die beiden ersten Betriebsgenehmigungen durch CDU-Umweltminister wurden rechtswidrig erteilt, urteilte das Oberste Verwaltungsgericht vor geraumer Zeit. Die RWE hat jetzt einen dritten Antrag nachgeschoben und droht mit Schadensersatzklagen, falls der nicht genehmigt wird. Wenn RWE mit der Verrechnung einverstanden wäre, bräuchte der Antrag nicht bearbeitet werden, weder ablehnend noch zustimmend, und alle wären zufrieden, bis auf die Grüne Landtagsfraktion. Die verlangt, beim Pfälzer Karneval als Umweltschützer verkleidet: "Die endgültige Stilllegung des AKW Mülheim-Kärlich muss in Rheinland-Pfalz entschieden und durchgesetzt werden." Reimt sich nicht, aber trotzdem: tätääää!

Greenpeace protestierte am 6.3. in Hannover gegen die verantwortungslose Geschäftspolitik des Atomkonzerns PreussenElektra: "Elektra Direkt? Profit vor Sicherheit" war in riesengrossen Lettern per Großbild-Dia auf die Fassade der Konzernzentrale projiziert worden. Mit der Aktion will die Umweltorganisation deutlich machen, dass PreussenElektra sein Billigstrom-Angebot "Elektra Direkt" auf Kosten der Sicherheit produziert. "Elektra Direkt" ist Atomstrom z.B. aus dem AKW Unterweser, in dem PreussenElektra monatelang wissentlich Brennstäbe mit gefälschten Sicherheitspapieren eingesetzt hat, oder aus Brokdorf, wo der Stromkonzern Brennstäbe verwenden will, die in russischen Atomanlagen aus Waffenuran produziert werden.

Apropos gefälschte Sicherheitspapiere: Die stammten ja von der BNFL in Sellafield. Nun kam heraus, dass diese Firma seit 20 Jahren eine Stelle in der britischen Botschaft in Japan bezuschusst, und zwar mit insgesamt 500 Mio. Pfund Sterling. Diesen Posten hatte seit 1995 Tom McLaughlan inne, der vorher PR-Direktor von British Nuclear Fuels (BNFL) war, und der Zweck der Botschaftsstelle in Japan war, natürlich, die Förderung des Nuklear-Handels. Das Londoner Außenministerium bestätigte diese Abstellung, nannte sie aber "nicht ungewöhnlich". Der Mann hilft ihnen jetzt auch nicht mehr weiter: Japan nimmt seit November keine Brennelementlieferungen von BNFL mehr an. Deutschland übrigens seit Februar auch nicht, wie Atomminister Trittin herausposaunte - das allerdings hieß nur, heiße Luft bewegen, denn ohnehin hatte kein deutsches Atomkraftwerk geplant, britische Brennelemente einzuführen.

Ja, im Bemühen um Konsens mit der Atomindustrie sind die Grünen unerbittlich. Zuerst waren die Gespräche mit der Industrie über einen Ausstieg im Konsens auf Oktober 1999 terminiert gewesen, dann bis zum Jahresende, dann nannte Schröder selbst als letzten Termin "Ende Februar", und auch der ist schon drei Wochen rum, die Grünen haben sogar schon einen Parteitag, auf dem die Ergebnisse vorliegen sollten, da wird immer noch "fortgesetzt" - "verhandelt" mochte auch Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye diese Tätigkeit nicht nennen. Führende Grüne signalisierten schon im Vorfeld, dass der Verlauf des Parteitages von Fortschritten in dieser Angelegenheit nicht beeinflusst werden dürfe und brauche.

Zum Fortschritt gezwungen dagegen wurde das kleine Land Litauen: mehr als 70% seines Energiebedarfs werden in Atommeilern erzeugt - Weltrekord. Einer davon, in Ignalina, soll kraft Gesetzes bis 2005 stillgelegt werden, das beschloss die Regierung auf Drängen der EU. Die hatte die Abschaltung des extrem gefährlichen Reaktors vom Tschernobyl-Typ zur Bedingung für einen Aufnahmeantrag gemacht und will Litauen für den Ausfall "entschädigen" - um den Wortsinn mal auf den Kopf zu stellen. Als trete die Schädigung nicht durch den Betrieb, sondern durch die Abschaltung eines Reaktors ein.

Die PDS Mecklenburg-Vorpommern akzeptiert Castortransporte - hört sich erstmal schlimm an, ist es aber nicht, denn es geht um Brennstäbe aus dem stillgelegten AKW Rheinsberg, die in 4 Castorbehältern ins Zwischenlager Lubmin/Greifswald verbracht werden sollen. Dieser Transport diene dem Ausstieg aus der Atomenergie, behauptete MdL Ritter. Das mag vielleicht nicht ganz richtig sein, aber es wäre natürlich viel gewonnen, wenn auch die im August geplanten Castor-Transporte von Biblis, Philippsburg und Neckarwestheim nach Ahaus aus stillgelegten AKWs erfolgen würden ...

(BG)