Antimilitarismus

Veranstaltungsreihe zum NATO-Angriffskrieg auf Jugoslawien:

Nach dem Krieg ist vor dem Krieg

Am 24.3.99 begann die NATO mit deutscher Beteiligung einen Angriffskrieg gegen Jugoslawien. Als Intervention im Namen der Menschenrechte titulierte die NATO diesen Kriegseinsatz und flog innerhalb von 12 Wochen 32.000 Luftangriffe. Durch die Bombardierungen wurde die Infrastruktur und Lebensgrundlage der in Jugoslawien lebenden Menschen zerstört. Menschen, in der Kriegsrhetorik als Kollateralschäden bezeichnet, wurden getötet und die Zahl der flüchtenden Menschen nahm zu. Nach den Luftangriffen folgte die Besetzung des Kosovos durch Kfor-Truppen. Auch Soldaten der Bundeswehr marschierten im Juni 99 mit Panzern über die jugoslawische Grenze.

Die Herbeiführung dieses Krieges ist ein Resultat der politischen Entwicklung Deutschlands und der EU- und NATO-Staaten der letzten zehn Jahre. Die Verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992, die die Bundeswehr als Instrument zur Durchsetzung machtpolitischer und wirtschaftlicher Interessen Deutschlands beschreiben, die Inszenierung öffentlicher Gelöbnisse, die Forderung führender Politiker, den Wehretat zu erhöhen, die steigende Rüstungsproduktion (beispielsweise durch MaK und HDW in Kiel) und die Umrüstung und Umstrukturierung der Bundeswehr für weltweite Kriegseinsätze sind einige Maßnahmen im Zuge der Militarisierung und zur weiteren Vorbereitung von, unter dem Etikett Sicherheitspolitik oder humanitärer Intervention geführten Kriegseinsätzen. Auf europäischer Ebene wurde ein Militärausschuss der EU gegründet, der im Februar 2000 erstmalig tagte und u.a. die Aufstockung der Krisenreaktionskräfte beschloss. Das Militärbündnis NATO fixierte während des Krieges im April 99 im neuen NATO-Grundsatzdokument die Umdefinierung vom Verteidigungsbündnis zum Interventionsbündnis. Die Militarisierung und die Kriegseinsätze sind Instrument einer imperialistischen Außenpolitik, die über Leichen geht.

Die Folgen des Kriegseinsatzes, die in Deutschland betriebene Flüchtlingspolitik, das regionalspezifische Menschenrechtsempfinden der Regierenden der NATO-Länder sind nur einige Aspekte, die verdeutlichen, dass die humanitäre Zielsetzung konstruiert ist. Es sind Elemente einer Politik, deren Interessen markt- und kapitalbezogene sind und in der es um die Organisierung einer "neuen Weltordnung" und die Verteidigung bestehender Wohlstandsregionen geht.

Nach dem Krieg ist vor dem Krieg, unter diesem Motto sind vier Veranstaltungen in der Pumpe geplant, in denen es um die Kriegspolitik und ihre politisch-ideologischen Diskurse und um die Perspektive einer Antikriegspolitik gehen wird.

Mit Bomben und Menschenrecht in die neudeutsche Normalität

Der erste deutsche Krieg nach Hitler war die Fortsetzung einer bestimmten Politik mit anderen Mitteln. Wir wollen daher zunächst einen kurzen Blick zurück werfen auf die auch auf der Linken wenig beachtete unmittelbare politische Vorgeschichte des Kosovoabenteuers der NATO, als im Frühjahr 1998 die deutsche Innen- und Außenpolitik parteiübergreifend eine militärische Intervention in Sachen Kosovo an die Spitze ihrer Agenda setzte.

Nach dem Kosovokrieg beginnt sich abzuzeichnen: Euroland greift nach der Herrschaft im eigenen Haus und räumt in seinem Hinterhof auf. Wir werden erörtern, wie weit diese Politik gediehen ist, welche Resultate sie bisher gezeitigt hat und was folgen kann, wenn wieder einmal "hinter der Türkei die Völker aufeinanderschlagen".

Insofern der Kosovokrieg ein deutscher Krieg war, war es ein Krieg für die Menschenrechte. Wir wollen versuchen, durch Aufhellung des inneren Zusammenhangs von Kapital und Menschenrecht beizutragen zur Rekonstruktion eines Begriffs von dem, was Kapitalismus ist und dessen revolutionäre Aufhebung notwendig macht.

(Marx am Sonntag)

Sozialdemokratie, Innere Sicherheit und Krieg

Die Veranstaltung der Gruppe elVira aus Neumünster beschäftigt sich mit der Rolle der Sozialdemokratie im Herrschaftsapparat. Dazu werden zwei unterschiedliche Positionen vorgetragen. Ein weiterer Beitrag diskutiert das Wechselverhältnis von Krieg und innerer Sicherheit. Eine lebhafte Diskussion sollte sich anschließen.

(elVira)

Do you remember Bielefeld?

Aus Anlass der Prozesse wegen Antikriegsaktionen im Zusammenhang mit dem Kriegsparteitag der Grünen, Himmelfahrt 1999: Vielen ist der Kriegsparteitag der Grünen nur noch durch den Farbbeutelwurf auf Außenminister Fischer in Erinnerung. Im Mai 1999, sieben Wochen nach Beginn der Bombardierung Jugoslawiens, rief die Grüne Partei ihre Delegierten zu einem Sonderparteitag nach Bielefeld, um den Kriegskurs der rot-grünen Regierung absegnen zu lassen.

Für diesen Tag existierte ein öffentlich bekannt gemachter Plan des bundesweiten autonomen Antikriegsplenums. Er sah vor, den Sonderparteitag in eine Antikriegsvollversammlung zu verwandeln. Dafür war die Besetzung der Halle vorgesehen. Der Plan misslang. Mit einer Blockade und anderen Störmaßnahmen konnte der Parteitagsbeginn nur noch um eine Stunde verzögert werden. Die Aktion war nicht als ein Appell an die Grünen Parteitagsdelegierten gemeint: Gegen Kriege erhebt man seine Stimme und gibt sie nicht ab.

In dieser Veranstaltung werden wir diese Aktion noch einmal politisch begründen und über die in dem Konzept angelegten Perspektiven diskutieren. Texte aus der Mobilisierung könnt ihr finden unter www.gaarden.net/no_nato/spezial.html

Der Weg in den Krieg

Deutschland, die Nato und das Kosovo - Matthias Küntzel, der Autor dieses Buches, stellt seine Thesen zur Diskussion. Zwei Monate lang hat die Öffentlichkeit den NATO-Krieg in Jugoslawien gebannt verfolgt. Wer aber hat hier von jenen heimlichen Kriegen erfahren, die den Bombenabwürfen vorausgingen und die in den Hinterzimmern der Diplomatie geführt wurden?

Gestützt auf eine systematische Auswertung aller verfügbaren nationalen und internationalen Quellen, belegt Küntzel überzeugend, dass Deutschland keineswegs "gutwillig, überfordert, am Ende machtlos" (Die Zeit) in diesen Kampf hineingeschlittert oder gar von Washington hineingedrängt wurde. Die Vorgeschichte des Kosovo-Krieges führt stattdessen vor Augen, dass keine andere NATO-Macht diesen Konflikt so wie Deutschland geführt hat: zielstrebig, bewusst und die Vorgaben der Vereinten Nationen vorsätzlich missachtend. Brisanter Stoff für eine neue Kriegsschulddebatte.

(bewegung! Gruppe gegen Stillstand im Normalzustand)