Antimilitarismus
Sebastian Kische aus Lübeck, der für die PDS zu den Landtagswahlen kandidiert hat, sitzt derzeit als Totalverweigerer in Heide im Bundeswehrarrest. Daher kann er sich derzeit schlecht gegen falsche Freunde wehren. Die Bundestagsabgeordnete der Grünen Angelika Beer nimmt Kisches Schritt zum Anlass, erneut eine Freiwilligenarmee zu fordern: "Die Wehrpflicht gehört aus sicherheitspolitischen und gesellschaftlichen Gründen abgeschafft. Wir sollten auf das Prinzip der Freiwilligkeit setzen - in einer Freiwilligenarmee, im sozialen, friedenspolitischen und ökologischen Bereich." Derweil steht die sog. Weizsäcker-Kommission, die unter dem Vorsitz des ehemaligen Ostlandritters, Giftgasproduzenten, Grünen-Liebling und Bundespräsidenten über die Zukunft der Bundeswehr diskutiert, kurz vor dem Abschluss eines ersten Berichts, in dem sie höchstwahrscheinlich eine Verkleinerung der Bundeswehr fordern wird. In den bürgerlichen Parteien hat das erneut die Diskussion um die Wehrpflicht angeheizt, da diese bei einer kleineren Bundeswehr kaum noch zu vermitteln wäre.
Und vor allem: Sie rechnet sich nicht mehr. An der Bundeswehrhochschule in München wurde unlängst vorgerechnet, dass eine im Umfang erheblich verminderte Berufsarmee nicht nur die der Bundeswehr heute zugedachten Aufgaben (schnelle Krisenreaktion in aller Welt) mindestens genauso gut wahrnehmen könnte, sie wäre auf der Personalseite auch um 7 Mrd. DM günstiger. Geld, das man gerne für Aufrüstung und Modernisierung mobilisieren würde. Im Dezember traf sich beim Bundeskanzler eine erlauchte Runde der deutschen Wirtschaft, um das Fell schon mal zu verteilen. In einem gemeinsamen Text mit dem Titel "Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit" stellte man einen "mehrjährige Investitionsrückstau" fest, der zu beheben sei. Die Versammelten verständigten sich auf eine Entbürokratisierung des Beschaffungswesens. Besonders interessant: "Die Beteiligten vereinbaren im Interesse größtmöglicher betrieblicher Effizienz, die Bundeswehr von Aufgaben zu entlasten, die nicht zu den militärischen Kernfähigkeiten gehören und die durch moderne Formen der Kooperation und Finanzierung wirtschaftlicher erledigt werden können." Es folgt eine Liste von 14 Pilotprojekten aus Logistik und Instandhaltung, die privatisiert werden sollen, u.a. auch die "Vollbetreuung der U-Boot-Flottille" (auf HDW kann sich die IG Metall schon mal überlegen, was das für gewerkschaftliche Rechte im Betrieb heißen wird) und der Betrieb des Gefechtsübungszentrums in der Colblitz-Letzlinger Heide bei Magdeburg. Die Unterschriften unter dem Papier lesen sich wie ein Who-is-Who der deutschen Rüstungsindustrie: HDW, Rheinmetall, Kraus-Maffai, DaimlerChrysler Aerospace, Deutsche Bank, BMW, Volkswagen, Telekom, Siemens, SAP u.a.
Dem Totalverweigerer Kische liegen solche Ziele natürlich fern und man kann ihm auch schlechterdings nicht vorwerfen, er würde durch sein konsequentes Verhalten diese Politik unterstützen. Angelika Beer, die ihn in frivoler Weise benutzt, um für eine schlagkräftige Bundeswehr zu werben, weiß als "verteidigungspolitische Sprecherin" ihrer Fraktion allerdings sehr wohl um den Hintergrund der gegenwärtigen Diskussion über die Wehrpflicht.
(wop)