Kommentar

Konkurrenzpol

Immerhin. Der PDS-Parteitag hat dem Vorstand eine klare Absage erteilt: Es bleibt beim klaren und grundsätzlichen Nein zu UN-Kampfeinsätzen. Ein Antrag des Vorstandes, der die antimilitaristische Position aufweichen wollte, fiel mit deutlicher Mehrheit durch. Das Papier, das alternativ angenommen wurde, enthält sogar einige passable Analysen in Sachen Aufrüstung und deutscher Außenpolitik.

Dennoch: Welcher Teufel reitet eigentlich die PDS-Führungsriege um Gysi, Brie und Bisky? Gibt es nichts Wichtigeres, als monatelang zu streiten, ob man vielleicht im Einzelfall doch Beschlüssen des UN-Sicherheitsrats, militärisch zu intervenieren, zustimmen muss? War da nicht was mit Eurokorps? Hat nicht die EU im Windschatten des Krieges gegen Jugoslawien die Militarisierung ihrer Außenpolitik beschlossen? Formiert sich nicht gerade eine europäische Rüstungsindustrie, um sich von der US-amerikanischen Konkurrenz abzunabeln?

Sicher: Auf dem Papier nimmt die PDS Stellung dagegen. Doch das ist geduldig. In der praktischen Auseinandersetzung spielen diese Positionen nur eine geringe Rolle. Die friedenspolitische Debatte wird von vollkommen hypothetischen Interventionsszenarien dominiert, bzw. von mit viel demagogischer Phantasie zurecht gebogenen realen Fällen, wie Osttimor. Eine Analyse der deutschen Außenpolitik findet nicht statt.

Statt dessen: Viel antiamerikanische Rhetorik. Man muss fast glauben, dass die Welthandelsmacht Nummer Zwei eine Bananenrepublik ist. Unter dem Beifall der Delegierten rief Gysi in seiner "Abschiedsrede" dazu auf, den Aufbau eines "Konkurrenzpols" zur USA durch die EU zu unterstützen. "Wohl oder übel" müsse man da mitmachen, um eine unipolare Welt zu verhindern. Oder mit anderen Worten: Wir sollen uns auf die Seite der Deutschen Bank im Kampf um die Vorherrschaft in der Welt schlagen.

Ein bisschen "Antimilitarismus" ließ Gysi allerdings doch noch raushängen: Er treffe sich hin und wieder mit dem Vorsitzenden des Bundeswehrverbandes. Die seien schließlich auch für die Abschaffung der Wehrpflicht.

Sicherlich. Um eine flexiblere, professionelle Armee aufbauen zu können. Das ist billiger, was Geld für die Modernisierung der Rüstung frei macht, entspricht ganz den militärischen Erfordernissen, und ist einfach modern. Ganz wie die PDS-Reformer, die demnächst mit SPD und Grünen in einem "Mitte-Links-Block" in die Moderne aufbrechen wollen.

(wop)