KERNspalte

Die Meldung des Jahres kommt diesmal aus Dänemark. Dänemark? Da gibt es doch gar keine Atomkraftwerke. Genau! Wegen anhaltenden Erfolgs löst sich die führende dänische Anti-AKW-Gruppe OOA auf, bekannt für ihr Logo mit der lächelnden roten Sonne vor gelbem Hintergrund und dem Schriftzug "Atomkraft? Nej tak!". Die Gruppe hatte sich überwiegend aus den Urheberrechten ihres Logos finanziert, das in über 40 Sprachen übersetzt wurde. Das einträgliche Copyright soll nach Auflösung am 31.5. dem Amsterdamer World Information System on Energie (WISE) übertragen werden, sagte einer der letzten Aktivisten, Bjarne Hejlskov, der Presse. Zu den Erfolgen der OOA zählte er die Schließung des 40 Kilometer östlich von Kopenhagen gelegenen schwedischen Atomkraftwerks Barsebaeck - die LinX berichtete mehrfach darüber. Bei der Fahrraddemo im letzten Jahr wurden allerdings keine Dänen mehr gesichtet, außerdem läuft Block 2 weiterhin. In Dänemark selbst wurden keine Atomkraftwerke gebaut. In ihrer Blütezeit hatte die OOA 30.000 Mitglieder, 200 Aktivisten und sieben Vollzeitbeschäftigte.

Abgeschaltet nach Fehlfunktion: Das widerfuhr dem ukrainischen Reaktor Juschnaja am 25.4. (Kühlsystem) zum wiederholten Male, und einen Tag vorher einem japanischen Forschungsreaktor in Oarai wegen eines Problems mit den Brennstäben - die Produktionsmenge hatte sich unerwartet um fast 20% erhöht. An den Unfallfolgen von Tokaimura ist inzwischen der zweite Uranarbeiter verstorben - multiples Organversagen. Der Mann hing schon seit Februar an einer Beatmungsmaschine. Ein dritter Arbeiter, der eine geringere Strahlendosis abbekommen hatte, war wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden und wartet zusammen mit ca. 500 leicht kontaminierten Anwohnern auf Spätfolgen.

Greenpeace konnte mal wieder die Finger nicht von der Abwasserpipeline der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague lassen und stellte erwartungsgemäß Verstöße gegen die Einleitungsgenehmigung fest. Wegen zu großer radioaktiver Partikel und einer insgesamt zu hohen Strahlenbelastung, die nach EU-Recht nicht erlaubt sei, will Greenpeace den Betreiber COGEMA jetzt vor Gericht bringen, mit dem Ziel, die Betriebsgenehmigung zu widerrufen. Die zweite europäische WAA in Sellafield hat sich ja auch ohne Umweltaktivisten schon aufs Abstellgleis manövriert. Die Britische Umweltbehörde hat jetzt einen neuen Skandal zu untersuchen: Wie kam ein Uranbrennstab von ca. 1 Meter Länge auf einen Schrottplatz in Mittelengland? Merkwürdig bleibt auf jeden Fall die Aussage des Agentur-Sprechers Blackburn, er könne nicht sagen, ob der Brennstab schon in einem Atomkraftwerk eingesetzt worden sei, aber es gebe keine radioaktive Kontamination (dann war es wohl kein Uran, sondern eine Lakritzstange).

Die Bündnisgrünen in Schleswig-Holstein, vertreten durch den Fraktionsvorsitzenden Karl-Martin Hentschel, haben sich wie folgt zu den beantragten Zwischenlagern an den AKWs Brunsbüttel, Brokdorf und Krümmel geäußert: Die wichtigste Voraussetzung für die Genehmigung sei ein abgestimmtes Gesamtkonzept für den Atomausstieg. Dazu gehörten vereinbarte Restlaufzeiten aller AKWs, ein Ausstieg aus der Wiederaufarbeitung von Atommüll und die Minimierung von Atomtransporten. Da es noch kein Endlager für Atommüll in Deutschland gebe, seien Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente notwendig. Die Landesregierung habe sich positiv zu der Errichtung von einem bzw. zwei Zwischenlagern im Land geäußert, dabei habe der Standort Brunsbüttel erste Priorität. Die Einrichtung eines neues Zwischenlagers beim AKW Krümmel, das als eines der ersten abgeschaltet werden müsse, sei für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN völlig ausgeschlossen. Aber das war vieles andere auch einmal.

Ein Blick nach Nahost: Eine israelisch/palästinensische Fraueninitiative macht mobil für den 26.5., den Internationalen Frauenkampftag für Frieden und Abrüstung am Atomreaktor Dimona (Israel). Thematisch soll es dabei um die strategische Bedeutung des israelischen Atomprogramms gehen, warum sich Israel nicht an der atomaren Abrüstung beteiligt und den Non-Proliferation-Treaty unterläuft. Doch auch Gesundheit, Umweltbelastung, ökonomische und soziale Folgen sowie das Verhältnis Feminismus/Abrüstung sollen eine Rolle spielen.

Zu guter letzt der Atomausstieg: Am 5.5. hieß es noch "Konsensgespräch weiter ohne Durchbruch", am 8.5. rechnete Trittin "nicht mit Schwierigkeiten", selbst wenn die Landtagswahlen in NRW verloren gehen sollten. Wovon redet der Mann eigentlich? Schwierigkeiten beim Stromverkaufen? Gab es nicht, meldeten die Energiekonzerne: Trotz des milden Winters konnte der Absatz um 1,8% gesteigert werden, im Januar und Februar sogar um mehr als 2%. Energiesparen? Treibhauseffekt? Umweltgipfel? Wen interessiert das, wenn die Konjunktur brummt. Kein Wunder, dass man dafür Atomkraftwerke braucht. Mindestens noch 22 Jahre!

(BG)