Kommentar

"Lösung" des Demokratieproblems

In der deutschen Außenpolitik zählt vor allem eines: Kontinuität. So hatte denn auch Außenminister Fischer seinem Parteivolk frühzeitig klargemacht, dass es keine grüne, sondern nur deutsche Außenpolitik gibt. Und Recht hat er.

Einen kleinen Unterschied gibt es dennoch: In vielen Fällen ist die Außenpolitik des "erwachsen gewordenen Deutschlands" eine Radikalisierung der Vorlagen Kohls, Genschers und Kinkels. Nicht zuletzt in der Frage der Menschenrechte wird dies deutlich, die künftig weltweit in Stellung gebracht werden sollen, um deutschem Einfluss und Interessen Geltung zu verschaffen.

Auch in Sachen europäischer Einigung erscheint auf einmal die Politik der alten Regierung als eher zaghaft gegenüber dem Tempo, das seit neuestem in Berlin vorgelegt wird. Musste der Oggersheimer sich noch von den Kern-Europa-Ideen Wolfgang Schäubles öffentlich distanzieren, um die kleineren EU-Mitglieder nicht zu verprellen, scheinen Schröder und Fischer derlei Rücksichtnahmen nicht mehr nötig zu haben.

Dieser Tage stellte Fischer mit viel Medienrummel seine Pläne vor. Die EU müsse sich von ihrer "step-by-step"-Politik verabschieden und den großen Sprung wagen. Die Länder, die zur schnellen Einigung bereit sind, sollen vorangehen. Der Vorstoß war mit Frankreich abgesprochen, so dass auch klar ist, wer den Kern bilden wird: Paris, Berlin, die Benelux-Staaten und wahrscheinlich noch Italien. Der Rest wird schlucken müssen, was diese vorgeben, oder ganz außen vor bleiben. Letzteres werden sie sich aber ökonomisch nicht leisten können.

Nun hört sich der Ruf nach einer europäischen Verfassung und der "Lösung des Demokratieproblems" eigentlich nicht so schlecht an. Doch sollte man sich von den schönen Worten nicht betören lassen: Es geht um die Formierung eines europäischen Superstaates, der v.a. die Interessen der großen Konzerne bedienen wird. Gleichzeitig machen die harschen Forderungen Deutschlands und Frankreichs an die polnische Adresse, die Ostgrenzen zu schließen und besser zu überwachen, klar, wie es um die Menschenrechte bestellt sein wird. Und auch der Nationalismus wird weiter bedient: Wenige Tage nach der Fischer Rede ließen deutsche Diplomaten in Brüssel keinen Zweifel daran, dass es Freizügigkeit für die neuen EU-Bürger im Osten vorerst nicht geben werde.

Und auch der Geldhahn wird weiter zugedreht: Deutschland will zwar von den offenen Märkten profitieren, aber - bitte schön - nicht die Arbeiter der niederkonkurrierten Industrien und durch billig Importe aus der EU ruinierten Landwirte alimentieren müssen.

(wop)