Antimilitarismus

Landgericht Leipzig verurteilt TKDV zum zweiten Mal

In der am 9,5, abgeschlossenen Berufungsverhandlung gegen den Totalverweigerer Marko Langert bestätigte das Landgericht Leipzig unter Verwerfung der Berufung des Angeklagten die Verurteilung des Amtsgerichtes Leipzig zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten auf Bewährung.

Langert war einer Einberufung zum Zivildienst nicht gefolgt, da er die Ableistung sowohl des Wehrdienstes als auch des Zivildienstes wegen dessen militärischer Verplanung als Teil der so genannten "Gesamtverteidigung" ablehnt. Wegen des gleichen Vorganges war er bereits am 26.3.98 vom Amtsgericht Leipzig zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen wegen "Dienstflucht" (§ 53 Zivildienstgesetz) verurteilt worden. Trotz dieser rechtskräftigen Verurteilung berief ihn das BAZ ein zweites Mal zum Zivildienst ein und erreichte damit die Eröffnung des zweiten Verfahrens wegen Dienstflucht, in dem Langert am 3.12.99 vom Amtsgericht Leipzig unter offensichtlichem Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot (Art. 103 Abs. 3 GG) zu 4 Monaten Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt wurde. Dagegen hatten der Totalverweigerer und seine beiden - nichtanwaltlichen - Verteidiger Torsten Froese (Frankfurt a.M.) und Jörg Eichler (Dresden) Berufung eingelegt.

In der am 4.5. am Landgericht begonnenen Hauptverhandlung hatten sich die beiden Verteidiger Langerts nochmals intensiv mit der Rechtsprechung zur Totalverweigerung, insbesondere der Doppelbestrafungsproblematik und den Urteilsgründen des Amtsgerichtes auseinandergesetzt. Sie legten dar, dass man in Fällen Totaler Kriegsdienstverweigerung ohnehin regelmäßig zu einem Freispruch gelangen müsste, wenn "die in Art. 4 Abs. 1 GG verankerte Gewissensfreiheit ernst genommen würde."

Im hiesigen Verfahren gehe es jedoch primär darum, dass "bei erneuter Verurteilung das Verbot der Doppelbestrafung aus Art. 103 Abs. 3 GG in eklatanter Weise verletzt" sei, da Dienstflucht das dauernde Fernbleiben vom Zivildienst und damit die Verweigerung des gesamten - nur einmal abzuleistenden - Dienstes unter Strafe stellt. Da "der Tatbestand der 'Dienstflucht' somit denknotwendig nur einmal erfüllt werden" könne, stelle die wiederholte Nichtbefolgung weiterer Einberufungsbescheide immer nur die - bereits bestrafte - Verweigerung des nur einmal abzuleistenden Zivildienstes dar. Damit hatten sie die Einstellung des Verfahrens wegen des Verbots der Doppelbestrafung beantragt.

Das Landgericht stützte die Verurteilung - wie zuvor bereits das Amtsgericht - v.a. darauf, dass Langert keine Gewissensentscheidung getroffen habe, die Tat vielmehr "lediglich Ausfluss seiner politischen Überzeugung" gewesen sei, ohne dabei auch nur ansatzweise auf die Argumentation der Verteidigung einzugehen. Die Behauptung, eine Gewissensentscheidung könne nicht zumindest auch politisch motiviert sein, sei, so die Verteidiger, "Ausdruck einer durchweg von Willkür geprägten Justiz gegen Totalverweigerer". Es sei "augenfällig, wie schnell in diesem Bereich als lästig empfundene Grundrechte und rechtsstaatliche Grundsätze beiseite geschoben und damit militärischen Interessen geopfert werden". Sie kündigten an, gegen dieses Urteil Revision einzulegen, womit sich das Oberlandesgericht Dresden zu der Sache äußern muss. (Aktenzeichen: 8 Ns 108 Js 15827/99)