Expo No!
"Bahnbrechende Technologie, visionäre Ideen und eine phantastische Realität warten darauf, entdeckt zu werden", verheißt die Expo den BesucherInnen, die den wichtigsten Teil der Weltausstellung besuchen - den Themenpark. Hier werden Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit aufgebaut, technisch durchgestylt, um alle Sinne anzusprechen. Auf 100.000 qm ist eine neue Welt zu sehen. Keine Diskussion, keine Gegensätze - die neue Welt kommt "wie ein Naturgesetz" (Expo-Beauftrager der Firma Siemens). Auf der Expo soll dafür geworben werden. Die Zukunft verheißt Glück durch Technik. Sie ist in vielen Facetten erlebbar aufgebaut.
Konkret sieht das so aus: Die Gentechnik hat den Hunger besiegt, alle Menschen werden satt. Dass Hunger gar keine Folge von niedrigen Erträgen ist, wird ebenso verschwiegen wie die Gefahren der Gentechnik. Ganz im Gegenteil - alles ist leicht und locker: Leuchtende Kartoffeln zwischen cyberspacigen Schautafeln und Gedanken über genmanipulierte Menschen, Tiere und Pflanzen. So stellt sich der Themenpark den BesucherInnen vor: Alles wird gut. Alle sind glücklich.
Technik hat das geschaffen. Vor allem High-Tech wie Gentechnik, Medizin, Fusionstechnik oder der Transrapid. Da diese Technik in der Hand der großen Weltkonzerne und der führenden Industrienationen ist, sollen die auch weiter die Welt beherrschen - es ist ja zum Vorteil aller. Wie krass diese Denkweise im Themenpark dominiert, zeigt sich den BesucherInnen u.a. dort, wo die Bevölkerungsfrage thematisiert wird. Das explosive Bevölkerungswachstum wird mit Angst einflößenden Effekten vorgestellt - kaum Fakten, nur manipulative Effekte. Und gelogen, denn tatsächlich flacht sich das Bevölkerungswachstum deutlich ab. Dass die Zahl der Menschen ein Problem darstellt, ist ohnehin frei erfunden - nicht die Zahl der Menschen, sondern die Art des Wirtschaftens belastet die Lebensräume. (Anmerkung: Die UNO und selbst Organisationen, die ihren Zweck in der Thematisierung der Bevölkerungszahlen haben, geben heute zu, dass das Bevölkerungswachstum sich deutlich verlangsamt. Nach UNO-Angaben gibt es ca. doppelt soviel Nahrungsmittel wie nötig. Boden und Rohstoffe müssten nur zugänglich werden für die in den verschiedenen Regionen lebenden Menschen.) Der Spaziergang durch den Themenpark wirbt aber für etwas anderes: Die Menschen sind dumm, vermehren sich wie die Fliegen, belasten der Erde und haben nicht genug zu fressen. Wie Lemminge - so das Menschenbild der Expo. High-Tech rettet die dummen Menschen. Gentechnik schafft Nahrung, Atomtechnik genug Energie usw.
Weiter des Wegs durch die Zukunft: Der Bereich Energie schafft das eindrucksvollste Erlebnis. Der Kurs führt in das so genannte "Tal das Atoms". Dort drehen sich nicht nur ein paar Windräder, sondern neue Atomkraftwerke können spielerisch besichtigt werden. Sie sind im Zukunftsbild der Expo enthalten, auch sie kommen damit "wie ein Naturgesetz". Die Menschen werden nicht mehr gefragt.
An vielen Ecken existieren Menschen für die Expo gar nicht. Sie sind im Themenpark v.a. dann zu sehen, wenn sie gentechnisch oder medizinisch verwertbar sind. Oder als Arbeitskraft im Themenbereich "Zukunft der Arbeit". Dort wird für Zeitarbeit geworben. Das Konzept für diesen Bereich spricht eine deutliche Sprache: "Global agierende Unternehmen dominieren mit ihren Produkten zunehmend den Wettbewerb. Im Streben nach Gewinnmaximinierung werden arbeitsintensive Produktionen häufig in Schwellen- und Entwicklungsländer verlagert. Dies fördert auch die Ausdehnung der Märkte und lässt immer mehr Menschen am Wohlstand teilhaben. (...) Vision: Weltfrieden durch Welthandel."
Wem das alles noch nicht reicht, kann sich weiter umsehen: Transrapids als Verkehrslösung der Zukunft, neue gezüchtete Arten als Schutzkonzept des Regenwalds oder der krasse Beitrag der Umweltschutzorganisation WWF, die für großflächige Schutzgebiete in den armen Ländern plädieren, damit die Menschen in den reichen Ländern überleben können. Auch hier: Die Menschen werden in dieser Zukunft nichts mehr zu sagen haben. Sie werden zu staunenden ZuschauerInnen einer Welt, die Konzerne und Industrienationen schaffen. Mehr nicht. Die Steigerung bleibt dann vielleicht der nächsten Expo überlassen: Eine Welt ohne Menschen. Aber für wen wäre die noch?
Infos zum Expo-Widerstand: www.expo-no.de.
Berichte von Expo-Aktionen während der Aktionswoche zum Expo-Start:
www.expo-calypse.de