Herr, send' Hirn!

Der Deutschlandfunk berichtet in seiner Reihe "Europa Heute" über die jüngsten zivilisatorischen Errungenschaften der globalisierten Welt in der Euroregion, die Schwarzdeutschland mit der Tschechischen Republik verbindet: Den Autostrich und die ungewollten Kinder der jungen Roma-Frauen, die seit der Wende so frei (von sozialer Absicherung und Zukunftsperspektive) sind, dass sie ihren Körper den reichen Nachbarn verkaufen müssen. Manche wird schwanger dabei und gibt ihr Baby schweren Herzens zur Adoption frei. Bei den Tschechen, die die Romas am liebsten hinter Mauern verstecken, sind die Kinder nicht gefragt, dafür jedoch umso mehr diesseits der Grenze. Die Reporterin befragte eine deutsche Adoptivmutter nach ihren Motiven: "Schließlich können die Kinder ja nichts dafür, dass sie von Prostituierten stammen und immerhin sind sie ja halb deutsch. Die haben ja alle deutsche Väter." Und was für welche!

Turbokapitalismus halt. Der freut sich, entgegen allen anderslautenden Lippenbekenntnissen von noch nicht ganz so turboisierten Knechten und Bütteln des Kapitals, auch ganz offen über Arbeitslose: "Im frühen Handel legten die Kurse an der New Yorker Börse kräftig zu. Der Nasdaq-Technology-Index gewann sogar mehr als 200 Punkte, nachdem ein Bericht der US-Regierung gezeigt hatte, dass es im letzten Monat weniger neue Arbeitsplätze gegeben hatte als erwartet und auch der Lohnanstieg hinter den Befürchtungen zurückgeblieben war." South China Morning Post, 3.6.

Eines muss man dem Kapital immerhin lassen, es nimmt kein Blatt mehr vor den Mund. Die Olivgrünen übrigens auch nicht: "Die Bundeswehr benötigt intelligente, tolerante und weltoffene SoldatInnen", heißt es in einem Vorstandsantrag an den grünen Länderrat. Man lese genau: "SoldatInnen", also auch Frauen in die Bundeswehr! "Weltoffen" - das darf man getrost übersetzen mit weltweiten Kampfeinsätzen. Aber die stehen ja schließlich immer im Dienste der Humanität, wie wir wissen. So darf man sich also dank der OlivgrünInnen überall auf der Welt darauf freuen, nicht etwa von doofen US-Rambos gekillt zu werden, sondern von unheimlich intelligenten und toleranten deutschen SoldatInnen. Ein toleranter Tod sozusagen - und damit auch tolerabel. Irgendwie erinnert das an den Wirtschaftsboss, dessen Name mir jetzt gerade entfallen ist, der in einem Lebenslauf angab: "Zwischen 1941 und 1945 bereiste ich das schöne Russland, nachdem ich vorher Polen und Frankreich kennen lernen durfte."

Auch sonst sind die "Grünen" wie gehabt auf Schmusekurs mit allem, was Schweinereien macht. Jetzt auch mit dem Auto. Die Partei müsse "weg von ihrem emotionalen Antireflex", gab der Fraktionsvorsitzende im Bundestag Rezzo Schlauch zu Protokoll. Das Auto sei ein "wichtiges Verkehrsmittel, das individuelle Mobilität garantiert". Wann hat sich Rezzo das ausgedacht? Vermutlich stand er gerade auf dem Schlauch, weil die Bahn schon wieder Verspätung hatte, und war daher in einem 200 SE unheimlich individuell mobil. Das entsprechende Papier der Grünen heißt übrigens säuselnd "Für den Einstieg ins Solarzeitalter auch im Verkehr". Das muss so gemeint sein: Das Öl, aus dem das Benzin gemacht wird, ist schließlich vor Urzeiten unter einer güldenen Sonne gewachsen. Es ist sozusagen konservierte Sonnenenergie. Also rein in längst vergangene Solarzeitalter, zusammen mit Retro-Rezzo - und natürlich auch rein ins Auto. Ach ja, das haben wir noch vergessen: Das Auto ist echt frauenfreundlich. Schlauch: "Frauen benutzen den PKW aus Sicherheit und können nur so Familie und Beruf unter einen Hut bringen." Ein Autofeind ist also ein Frauenfeind. Endlich wissen wir's: "Das Auto ist kein rollendes Atomkraftwerk, das stillzulegen ist." Wie schön, dass die "Grünen" selbst die nicht rollenden Atomkraftwerke nicht stillzulegen gedenken. Das wäre ja auch nur ein "emotionaler Antireflex".

(jm, wop)