Parteien

Allgemeines Saubermachen

Parteiausschlüsse kommen, scheint es, groß in Mode. Nachdem der schleswig-holsteinische Landesvorstand der Grünen schon vor einigen Wochen den Ausschluss des Lübecker Richters und prominenten Kriegsgegner Wolfgang Neskovic beantragt hat, hat jetzt auch Uli Cremer das gleiche Schicksal ereilt: Der Kreisverband Eimsbüttel (Hamburg) möchte Cremer los werden, da dieser eine Konkurrenzorganisation unterstütze. Cremer, Autor mehrerer lesenswerter Hintergrundartikel (u.a. in "Sozialismus") über den Krieg gegen Jugoslawien und die Militarisierung der EU, arbeitet im Regenbogen e.V. mit. In dem Hamburger Verein, der mit der gleichnamigen Bürgerschaftsfraktion ehemaliger GAL-Abgeordneter verbunden ist, haben sich Ex- und Noch-Grüne sowie andere Linke zusammengeschlossen.

Der Vorwurf gegen Neskovic lautet, er habe sich durch seinen Aufruf, bei den Landtagswahlen das Kreuz nicht bei den Grünen zu machen, parteischädigend verhalten. In einem offenen Brief an den hiesigen Landesvorstand der Olivgrünen fragt daher der Lübecker Bürgerschaftsabgeordnete Hans-Jürgen Schubert nach, ob man denn auch gegen Angelika Beer ("Verteidigungspolitische Sprecherin" der Bundestagsfraktion aus Neumünster) und "J. Fischer" den Ausschluss beantragt habe. Immerhin hätten diese massiv gegen geltende grüne Programmatik verstoßen: "Bündnis 90 / Die Grünen tragen militärische Friedenserzwingung und Kampfeinsätze nicht mit", zitiert er aus dem immer noch gültigen Programm. (Soviel übrigens zum Wert von Parteiprogrammen.)

Neskovic wurde übrigens im Landtagswahlkampf rührend, wenn auch nicht besonders geschickt, von der PDS umworben, deren Führung bekanntlich große Stücke auf die Moderne hält. Wohl deshalb mag sich Mann auch dort nicht der Ausschluss-Mode verschließen: Die Berliner Landesschiedskommission der Demokratischen Sozialisten warf jüngst den Schriftsteller Gerhard Branstner aus der Partei, weil dieser in einem satirischen Beitrag etwas derb mit dem Heiligsten derselben umgegangen war, mit dem Noch-Vorsitzenden der Bundestagsfraktion, Gregor Gysi. Der Rausschmiss-Antrag war von Michael Brie, dem Bruder des "Vordenkers", gestellt worden. Brie ist im Hauptberuf Chef der PDS-"nahen" Rosa-Luxemburg-Stiftung.

(wop)

Näheres zum "Fall Branstner" findet sich bei Interesse im Archiv der "jungen Welt" unter www.jungewelt.de. Wer sich außerdem für die informellen Strukturen in der PDS interessiert, dem sei ein Blick auf die Internetseiten der Rosa-Luxemburg-Stiftung (www.Rosa-Luxemburg-Stiftung.de) empfohlen und dort insbesondere auf die Liste des Beirats.