auf & davon

Im Fall des Mosambikaners, der Pfingsten von drei rechtsextremen Schlägern überfallen und zu Tode geprügelt wurde, ermittelt jetzt der Generalbundesanwalt, da, so Nehm, die anhaltenden ausländerfeindlichen Übergriffe die innere Sicherheit der Bundesrepublik gefährdeten. Das ist natürlich wichtiger als die Gefährdung eines/einer AusländerIn. Am 16.6. fand in Dessau ein Trauerzug zum Gedenken an den Mosambikaner statt. Die Trauerfeier solle nach Aussage des Ausländerbeauftragten von Sachsen-Anhalt ein Signal sein, dass man sich nicht an Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit gewöhnen wolle.

Allerdings fand schon einen Tag später am Pfingstmontag in Leipzig ein weiterer Überfall von Rechtsextremen auf Ausländer statt. Nachdem sie zunächst mit ihrem Hund einen Afrikaner verfolgt hatten, ließen sie das Tier später auf einen indischen Wissenschaftler los. Der Mann musste mit Bisswunden ins Krankenhaus. Gegen einen 26jährigen Rechtsextremen wurde Haftbefehl wegen schwerer Körperverletzung erlassen, seine beiden 17jährigen Komplizen werden gesucht. Offen ist noch, ob die erwarteten indischen IT-ExpertInnen zu ihrer Green-Card eine Gefahrenzulage erhalten.

Joschka Fischer möchte Milizionäre der Südlibanesischen Armee SLA aus "humanitären Gründen" in Deutschland aufnehmen. Eine entsprechende Zusage machte er während seines Israel-Besuchs. Die SLA, in den 70er Jahren als Miliz der christlichen Maroniten im Libanon gegründet, kooperierte mit den israelischen Streitkräften bei der Besetzung Südlibanons und war u.a. an Massakern in palästinensischen Flüchtlingslagern beteiligt. Daher sind ihre Mitglieder nach dem Rückzug der Israelischen Armee selbst auf der Flucht. Sie fürchten die Verurteilungen durch die südlibanesische Justiz und Racheakte ihrer Landsleute. Israel steht vor einem Flüchtlingsproblem und hier will Joschka Abhilfe schaffen. Dabei interessiert ihn offensichtlich weder der Hintergrund dieser Flüchtlinge, noch die Tatsache, dass in Deutschland zahlreiche libanesische Asylsuchende leben, deren Asylanträge nicht selten abgelehnt werden. Ihre Verfolger und Folterer sollen jetzt in Deutschland humanitäre Aufnahme finden, womöglich am Asylrecht vorbei als Kontingentflüchtlinge mit Sonderkonditionen, denn sonst hätten sie wegen der Einreise über das sichere Drittland Israel keine Chance. So viel zu Fischers Feingefühl und zur Willkür in der Aufnahme- und Asylpraxis. Den Milizionären selbst ist die Absurdität des Fischer-Angebots bewusster. Sie haben kein großes Interesse gezeigt, in ein Land zu gehen, in das viele ihrer Opfer geflohen sind.

Das Europa-Parlament hat bei seiner Sitzung am 15.6. in Straßburg mit 207 zu 29 Stimmen einen Katalog mit weitgehenden Forderungen an Mindeststandards für Asylverfahren in der EU verabschiedet. Die Forderungen umfassen i.w. die auch von Flüchtlingsorganisationen genannten Kriterien, wie inhaltliche Prüfung und persönliche Anhörung bei jedem Verfahren, statt pauschale Ablehnung unter Hinweis auf den Reiseweg über ein sicheres Drittland. Ebenfalls wird ein Bleiberecht bis zur endgültigen Entscheidung, aufschiebende Wirkung bei Beschreiten des Rechtsweges sowie Anspruch auf und Zugang zu Rechtsberatung, DolmetscherInnen und Hilfestellung von Nichtregierungsorganisationen verlangt. Erfreulich ist auch, dass es besondere Bestimmungen für Frauen, Opfer von Folter und sexueller Gewalt, Minderjährige und Ältere geben soll. Es bleibt die Frage, ob sich das Europäische Parlament mit diesem Anforderungsprofil bei den Mitgliedsstaaten durchsetzen kann. Die Asylrechtspraxis in Deutschland genügt diesem Anspruch im Moment jedenfalls nicht.

(a.w.)