KERNspalte

Die Sommertermine für AKW-GegnerInnen: Am 5.8. startet die diesjährige Barsebäck-Radtour am schwedischen AKW Barsebäck. Beide Reaktoren sind zur Zeit allerdings abgeschaltet. Am 8.8. treffen sich die Radfahrer dann morgens um 8 Uhr am Fährhafen Travemünde, um über Ratzeburg nach Krümmel, Hamburg, Stade und Brokdorf weiterzufahren.

Am 23.7. beginnt in Cheljabinsk die russische Anti-Atom-Kampagne mit einem Sommerlager bei der Wiederaufarbeitungsanlage Mayak. Die von russischen Umweltgruppen organisierte Kampagne richtet sich gegen den Import von westlichem Atommüll nach Mayak. Sie fordern eine 30 km-Entschädigungszone um die total kontaminierte Atomfabrik und den Baustopp des Atomkraftwerks Süd-Ural. Die Veranstalter legen Wert darauf, dass sie von keiner politischen Organisation unterstützt werden und auch selbst keine unterstützen. Touristen mit eigenem Zelt sind willkommen (www.ecoline.ru/antinuclear).

Währenddessen wurde bekannt, dass die Finanzierung eines neuen Sarkophags für den havarierten Tschernobyl-Reaktor steht. Auf der Geberkonferenz in Berlin wurden 335,6 Mio. Euro eingeworben, insgesamt stünden dafür nun 715 Mio. US-$ zur Verfügung. Das seien 90% der Summe, die benötigt werde. Der ukrainische Regierungschef Viktor Juschtschenko bedankte sich artig bei der internationalen Staatengemeinschaft für die Hilfe und Unterstützung. Gleichzeitig erklärte Präsident Kutschma jedoch, dass auf die als Ersatz für den Katastrophenreaktor von Tschernobyl vorgesehenen Atomkraftwerke K2/R4 auf keinen Fall verzichtet werde, zumal sie schon zu 90% fertig gestellt seien. Trotzdem sagte Bundeskanzler Schröder der Ukraine Hermes-Bürgschaften für 300 Mio. DM noch in diesem Jahr zu. Dies nutze der Wirtschaft in beiden Ländern (!). Zugleich werde sich Deutschland für eine baldige Auszahlung weiterer Kredite des IWF an die Ukraine einsetzen. Wie zum Hohn für dieses Geschacher musste der letzte Tschernobyl-Reaktor am 10.7. wegen Hochwassers abgeschaltet werden. Nach heftigen Niederschlägen habe u.a. ein Generator unter Wasser gestanden. Der Sprecher wertete den Vorfall als "nicht wirklich ernst". Reaktor 3 werde voraussichtlich am 17.7. wieder ans Netz gehen.

Am 4.7. wurde überraschend das Genehmigungsverfahrens für das umstrittene tschechische AKW Temelin abgeschlossen. Nur wenige Stunden nach der offiziellen Genehmigung soll mit der Installation der Brennstäbe begonnen werden. Die Erstbeladung werde elf Tage dauern, erklärte ein SUJB-Sprecher. Trittin zeigte sich überrumpelt. Er habe gar keine Zeit mehr gehabt, sich durch eine unabhängige Analyse vom Sicherheitszustand des Kraftwerks zu überzeugen. Auch Österreich hat große Bedenken geäußert, ob das 150 km südlich von Prag gelegene Kraftwerk sowjetischer Bauart die notwendigen Sicherheits- und Umweltstandards erfüllt.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat mal wieder allen gezeigt, was er unter Atomkonsens versteht: Am 7.7. eröffnete er in Greifswald das Kernfusionsforschungs-Großprojekt "Wendelstein 7-X" des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP). Das Bundesforschungsministerium bestätigte auf Anfrage, dass das Fusionsforschungsprogramm ohne finanzielle Abstriche wie geplant fortgeführt wird. In nur zwei Jahren entstand auf 120.000 qm das weltweit größte Forschungsprojekt zur Energiegewinnung über die Kernfusion. Es ist auch ein externes Projekt der Expo 2000 in Hannover. Der Start der Fusions-Experimente in dem von EU, Bund und dem Land Mecklenburg-Vorpommern finanzierten 600-Millionen-Mark-Projekt ist für das Jahr 2005 vorgesehen.

Angeblich blockiert jetzt Außenminister Fischer den Export der Siemens-Brennelemente-Fabrik in Hanau nach Russland. Betriebsleiter Rupar will ein klares Signal aus Berlin oder, noch besser, vom G7-Gipfel aus Okinawa, "sonst reißen wir die Anlage ab". Wartung, Lüftung und Personal seien nicht mehr zu finanzieren. Seit der Stilllegung seien Kosten in Millionenhöhe entstanden.

Auf Druck der EU plant Bulgarien jetzt, seine beiden ältesten Atommeiler im Atomkraftwerk Kozlodui schon Ende 2002 abzugeschalten. Von den 6 Reaktoren sowjetischer Bauart haben nur zwei einen Schutzmantel aus Beton. Diese beiden sollen mit EU-Mitteln für 250 Mio. Euro nachgerüstet werden, für die Schließung der anderen stellt die EU 200 Mio. Euro zur Verfügung.

Biblis A und B unter Druck: Das einzige deutsche Atomkraftwerk ohne externe Notstandswarte hatte schon im März eine herunter gespielte Panne, bei der sich die Notstromversorgung von Block A nicht auf Block B zuschalten ließ. Dies hätte, wenn es keine Übung gewesen wäre, einen stundenlangen Stromausfall in Block B bedeutet. Damals hieß es, Kategorie "Normal". Jetzt wurde zugegeben: Eigentlich hätte der Vorfall in Kategorie "Eilt" eingestuft werden müssen. Dann wurde Anfang Juli Radioaktivität im Sekundärkreislauf von Biblis A nachgewiesen, wo sie nicht sein durfte. Nun hat das Bundesumweltministerium den Essener Stromkonzern RWE aufgefordert, noch in diesem Monat mit der Beseitigung von Sicherheits-Mängeln im Atomkraftwerk Biblis A zu beginnen. Man erwarte in den technischen Revisionen der Jahre 2000 und 2001 eine Nachrüstung etwa im Nebenkühlwassersystem, bei der Erdbebenfestigkeit und der Leittechnik des Reaktors, sagte Staatssekretär Rainer Baake am Freitag in Berlin. Die kurzfristige Umsetzung dieser Auflagen sei Voraussetzung für einen weiteren Betrieb des Reaktors. Die erste der beiden technischen Überprüfungen solle noch im Juli beginnen. Sie dauerten gewöhnlich rund fünf bis sechs Wochen. Die vereinbarte Restlaufzeit für das KKW ende spätestens im Jahr 2007. Als Kostengröße für die bereits 1991 vom damaligen Umweltminister Karlheinz Wagner (CDU) geforderten Nachrüstungen nannte Baake einen Betrag zwischen "500 Millionen und einer Milliarde Mark". Beobachter glauben, dass sich eine derart teure Nachrüstung bei dem 26 Jahre alten Kraftwerk nicht mehr lohne. RWE hatte sich zwar anders geäußert, die Ausgabe aber offenbar schon viele Jahre vor sich her geschoben.

(BG)