Kommentar

Fischer's Friends: Progressive Folterknechte

Joschka Fischer hat es uns von Anfang an gesagt und seit seinem Amtsantritt keine Gelegenheit ausgelassen, es zu demonstrieren: Es gibt keine grüne Außenpolitik, sondern nur eine deutsche. Soll heißen: Gemacht wird, was den "deutschen Interessen", d.h. denen der Deutschen Bank, Siemens, DaimlerChrysler &c. dient. Wir sind also seit Jahr und Tag durch Wort und Tat vorgewarnt, und nur einige grüne Stricktanten haben immer noch nicht begriffen, was ihre Konsum-orientierten Citoyens da spielen.

Aber auch wenn aufgrund dieses Gewöhnungseffektes die moralische Empörung schwerer fällt, hätte der Besuch des iranischen Staatspräsidenten Khatami letzte Woche doch ein bisschen mehr linke Aufmerksamkeit verdient, zumal es nicht nur um eine Frage der deutschen Innenpolitik, sondern auch der internationalen Solidarität ging.

Auch in den Beziehungen zum Mullah-Regime knüpft die jetzige Regierung nahtlos an die Vorgaben ihrer Vorgänger an, indem Fischer Kinkels "kritischen Dialog" fortsetzt. Schließlich ist der persische Golf nach wie vor eine der geopolitisch bedeutsamsten Regionen des Globus, der Iran ein potenziell kaufkräftiger Abnehmer deutscher Exporte und nicht zuletzt ein wichtiger Mitspieler auf dem Schachbrett Zentralasiens, wo die Claims noch nicht abgesteckt sind.

Die Grünen wären allerdings nicht die Grünen, wenn sie nicht in der Mottenkiste ihrer linken Vergangenheit kramen und dem Ganzen ein neues Mäntelchen verpassen würden. So werden denn interne Konflikte des Regimes zu Kämpfen zwischen Reaktion und progressiven Reformern. Khatami, der begriffen hat, dass es weiser ist, den unzufriedenen Iranern das eine oder andere Ventil zu öffnen, bevor der Druck im Kessel zu groß wird, wird zum Vorkämpfer der Demokratie stilisiert.

Mit dieser zeitgeistlichen ideologischen Unterfütterung erlebten wir dann dieser Tage ein Déjà-vu. Der Repräsentant eines der repressivsten Regime der Gegenwart, das mehrere Zehntausend Kommunisten und Gewerkschafter ermordet hat, kommt nach Berlin und zu seiner Sicherheit wird über die iranische Exil-Gemeinde der Ausnahmezustand verhängt. Dutzende nächtlicher Hausdurchsuchungen und rund 50 "vorsorglicher" Festnahmen zeigten dem Gast, dass man auch in Deutschland weiß, wie man mit Linken umzugehen hat und was Menschenrechte wert sind. Die Heinrich-Böll-Stiftung hatte bereits im Frühjahr kritische Frager aus einer Veranstaltung prügeln lassen, auf der sich ehemalige Folterknechte als Reformer produzieren durften.

Dass einige der sozialdemokratischen und grünen Akteure 1967 beim Schah-Besuch auf der anderen Seite demonstriert hatten, macht die ganze Sache auch nicht erträglicher. Aber an solche Biografien hat man sich hierzulande ja schon (fast) gewöhnt.

(wop)