Anti-EXPO

Visionen einer herrschaftslosen Gesellschaft

Anti-EXPO-Projektgruppe legt Buch vor

Jahrelang schien der Kapitalismus unangefochten als allein denkbare Gesellschaftsform. Doch die Werbeschau "Expo 2000" hat jetzt ein Projekt provoziert, in dem Visionen einer Gesellschaft jenseits von Herrschaft und Verwertungslogik entwickelt wurden und werden. Vor Kurzem erschien das erste Buch der "Gruppe Gegenbilder", wie sich die Projektgruppe nennt. Titel "Freie Menschen in freien Vereinbarungen - Gegenbilder zur Expo 2000". In verschiedenen Kapiteln werden Begriffe und Formen von Herrschaft analysiert sowie Strategien für eine Selbstentfaltung der Menschen entwickelt. Für die drei gesellschaftlichen Hauptfelder "Technik und Ökonomie", Gleichberechtigung und das Mensch-Natur-Verhältnis werden Visionen und Konzepte vorgestellt. Ausgangspunkt ist jeweils eine Kritik aktueller kapitalistischer Zukunftsvisionen, Endpunkte bilden bestehende Projekte, die bereits heute Experimentierfelder sind. Zum Abschluss des Buches findet sich ein Kapitel zu emanzipatorischer Bewegung und ein umfangreiches Glossar, in dem viele Begriffe zu Gesellschaft und Politik definiert werden.

Insgesamt stellen die AutorInnen den Menschen und die Entfaltung seiner Möglichkeiten in den Mittelpunkt. Institutionen und Regeln sollen ganz abgeschafft werden. Im dem Klappentext heißt es: "Wir leben in einer visionslosen Zeit. Neue Ideen für die Zukunft sind kaum noch gefragt. Viele Menschen haben sich in die Privatheit zurückgezogen. Individualität ist nur noch das, was es im 'Supermarkt der Lebensstile' zu kaufen gibt - nur eine lebenswerte Utopie für alle scheint gerade nicht im Angebot zu sein. Wirklich Neues bewusst zu schaffen scheint keinen Reiz mehr auszuüben. Die Dinge entwickeln sich wie von selbst. Zumindest scheint es so oder wird von denen so verkauft, die tatsächlich die gesellschaftlichen Entwicklungen steuern.

So zum Beispiel auf der Expo 2000. Sie ist nicht die Quelle von Herrschaft und Profitorientierung, aber die dreisteste Werbeschau für ein Zukunftsmodell, in dem all das noch gesteigert wird. Es wird Zeit für eine neue Diskussion um Visionen. Sie sind keine Rezepte, sondern sie sollen zeigen: Es gibt ein Leben jenseits des Kapitalismus und all der anderen Herrschaftsstrukturen, die Gesellschaft und Alltag durchziehen. Visionen haben nicht nur Selbstwert, sondern bieten den Rahmen, in dem reale Veränderungen ablaufen können. In diesem Sinne ist das Buch nur ein Auftakt. Was daraus entsteht, ist offen. Dieses Buch und die AutorInnen stellen sich der Diskussion. Die Texte des Buches sind frei zur weiteren Verwendung - als Zeichen, dass eine freie Gesellschaft an jedem Punkt beginnen kann, eben auch bei diesem Buch. Weg mit allen Machtmitteln einschliesslich des Eigentums an Boden, Wissen, Patenten, Texten!"

Die drei AutorInnen, die das Buch im Kern geschrieben haben, kommen aus sehr unterschiedlichen Debatten und Zusammenhängen - von freier Softwareentwicklung (bekannt durch LinuX), marxistischer Diskussion bis zu anarchistischen und radikal-ökologischen Aktionen.

Das Buch kann auch im Internet eingesehen werden. Download als PDF unter www.projektwerkstatt.de/download. Die einzelnen Texte werden zudem in Kürze unter www.opentheory.org/proj/gegenbilder zu finden sein, wo dann auch Diskussionsbeiträge und Ergänzungen zu allen Absätzen möglich sind. Die AutorInnen hoffen auf eine intensive Debatte und die Weiterentwicklung der Idee des Buches. Sie stehen auch als ReferentInnen für Veranstaltungen zur Verfügung.

Das Buch kann bestellt werden bei der Projektwerkstatt, Ludwigstr. 11, 35447 Reiskirchen-Saasen, E-Mail: projektwerkstatt@apg.wwbnet.de, Fax 06401/90328-5, Telefon -3.