Kultur

Mockin' Moon Module in der Alten Meierei

Psychedelische Ultimativ-Gesamt-Oper

Projekt "Mind Travel". Unendliche Weiten. Drei Jahre Basteln an Röhrenverstärkern, Soundmaschinen, Dia-Projektoren und Video-Sequenzern. In einer alten Garage, dem "MindExpander" von Mockin' Moon Module. Und nun ist Uraufführung. Nicht auf documenta-Bühnen, wo das multimediale Spektakel durchaus reüssieren könnte, sondern in der Alten Meierei. Ein psychedelischer goldener Schuss direkt in die Synapsen.

Shuttle ins Reich psychedelischer Träume (Szene aus "Mind Travel")

Multimediale Ultimativ-Oper - Mockin' Moon Module live (Fotos: www.moon-module.de)

Sechs gespenstische Mönchskutten, Kapuzen-verhangen, tragen Fackeln und einen Sarg. Doch kein Gothic-Ritual wird hier zelebriert. Der Sarg ist eine Survival-Zelle, in der im Kältetiefschlaf "ein rotter Space-Cowboy" sanft ruht - und träumt. Real-Life-Opening für das virtuelle Kaskaden entfachende Video, das in diesem Moment auf der Leinwand startet. Im Cockpit der Moonies, überfrachtet mit Kabeln und Equipment. Ein synästhetischer Flugsimulator für eine Traumreise. Der Astronaut segelt durch die Sphären des Alls, die in strudelnden Überblendungen über die Schirme flackern. Die Unschärfe der freien Assoziation - "Moonbreath". Ambient-Sounds wuchern wie Schlingpflanzen, schwerer Tau tropft aus der Rhythmusmaschine, Gitarren und Hammondorgel heben zur ersten Explosion an. Ein Wimpernkrater, surreales Fluten wie aus einem Bunuel-Film. Nebellandschaften, Farne und Halme, Metamorphosen. "Flowing - Floating" hört man Sänger "Lemonhorses" Stimme wie Sirenengesang.

Pink Floyd und Tangerine Dream sind wiederauferstanden. Seelenwanderung? Ja, Wanderung durch die Seele, durch seltsam sehnsüchtige Zustände. Ultimativ allesamt, nicht mehr steigerbar. Wie auf Droge fühlt sich der Zuschauer. Leicht, schwebend, dann wieder hingestreckt vom Hammer einer Sintflut aus Bildern und Klang-Ekstasen. Der Astronaut erwacht. Error im System, den er richten muss. Der Astronaut trinkt Kaffee. Und macht erstmal die Glotze an. Nachrichten von der Erde. Tagesschau. Werbeflimmern. Das Lächeln der schönen Frauen in Drei-Wetter-Taft-Stabilität. Die "reale" Welt zerreißt die Traumgespinste, frech, ungestüm, dumpf. Folge: "Mind Crash" des Astronauten. Er verliert die Orientierung, seine Kapsel stürzt ins Meer. Erst dort ist er wirklich schwerelos ...

Das Mockin' Moon Module verbeugt sich nach knapp zwei Stunden. "Unter den Kutten sind wir nackt." Und wir stehen betroffen, beseelt und von der "Mind Travel" verändert. Aufgetaucht aus einem Opernuniversum, einem Gesamtkunstwerk, das wie ein Rausch ist. Ein heilsamer, Bewusstseins-erweiternder.

(jm)