auf & davon

Das Bundesverfassungsgericht hat die bisherige enge Auslegung des Begriffes "staatliche Verfolgung" für zu restriktiv erachtet. Afghanische AsylbewerberInnen hatten Urteile des Bundesverwaltungsgerichts angefochten, die wie bisher üblich, staatsähnliche Strukturen in Afghanistan und somit auch staatliche Verfolgung verneinten. Grundlage dieser Haltung war die schlichte Formel: Wo es Bürgerkrieg gibt, kann es keine staatlichen Strukturen geben. Das BVerfG macht die Möglichkeit staatlicher Verfolgung dagegen davon abhängig, ob es in einem "Kernterritorium" ein "Herrschaftsgefüge von gewisser Stabilität" gibt. Dies ist in Afghanistan in Hinblick auf die Taliban gegeben. Dieses Urteil kann neue Hoffnung auf Anerkennung für AfghanInnen bedeuten, aber auch für Bürgerkriegsflüchtlinge aus andern Ländern, z.B. Somalia, die bisher mit der gleichen Begründung abgelehnt wurden.

Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg war die kürzliche Abschiebung einer Roma-Familie aus dem Landkreis Göttingen rechtswidrig. Die Familie hatte in der ersten Anhörung gesagt, sie seien Albaner. Daher wurde ihre Identität als Roma angezweifelt und die Familie abgeschoben. Das Verwaltungsgericht berücksichtigte hingegen, dass die Roma keine einheitliche Gruppe darstellten, sondern sich ein Teil als Aschkali definiere, deren Muttersprache albanisch ist. Beide Gruppen seien massiver Verfolgung im Kosovo ausgesetzt.

Auch illegal eingereiste Roma erhalten wegen dieser Gefährdung zumeist eine Duldung. Der Stadt Köln ist das jetzt zu teuer. Sie möchte diese Menschen nach dem Wie und Warum ihrer Einreise nach Köln befragen. Sollte sich dabei ergeben, dass im Heimatland eine Verfolgungssituation bestand, wird das als Asylantrag betrachtet, selbst wenn die Betroffenen einen solchen nicht ausdrücklich gestellt haben. Sinn dieses Versuchs, Roma in ein Asylverfahren zu drängen, ist die Tatsache, dass sie dann bundesweit verteilt werden und mit ihnen die Kosten. Für die Flüchtlinge bedeutet das ein aussichtsloses Verfahren, das ohnehin wieder mit einer Duldung endet, allerdings mit dem Unterschied, dass sie ihren Aufenthaltsort, z.B. bei Verwandten, nicht mehr selbst wählen können.

Ende August wurde eine 1,80 m hohe Mauer um ein Celler Flüchtlingswohnheim fertiggestellt. AnwohnerInnen hatten sich über Drogenhandel, Prostitution und Lärmbelästigung beschwert, die angeblich von dem Heim ausgehen sollten, in dem 60 Männer aus dem Kosovo und verschiedenen afrikanischen Ländern auf engstem Raum leben müssen. Der Stadtrat hatte den Bau der "Einfriedung" mit den Stimmen der Grünen, die jetzt um Distanzierung bemüht sind, beschlossen. Zusätzlich zur Mauer soll am Eingang des Heimes eine Sicherheitsschleuse eingerichtet werden. Lediglich Flüchtlingsinitiativen und die evangelische Kirche sowie einige Celler BürgerInnen protestierten gegen den Mauerbau.

Derartige Haltungen finden sich allerdings nicht nur in Deutschland. Die dänische Innenministerin Jespersen möchte AsylbewerberInnen aus Russland, Armenien und Georgien bis zur Ablehnung ihres Asylantrages auf einer unbewohnten Insel internieren. Ihrer Meinung nach nutzen vorrangig diese Personengruppen ihr Asylverfahren für kriminelle Machenschaften, insbesondere Eigentumsdelikte, die es zu unterbinden gelte. Der Vorschlag der sozialdemokratischen Ministerin stößt in Dänemark nicht etwa auf einhellige Empörung, sondern findet bei den bürgerlichen Parteien durchaus Zustimmung und wird ernsthaft diskutiert.

(a.w.)