Internationales

Dokumentiert: Erklärung der Rot-Grünen Einheitsliste Dänemarks

Die Welt ist größer als die EU

Am 28.9. stimmte in Dänemark in einen Referendum eine Mehrheit gegen die Beteiligung des Landes an der europäischen Einheitswährung Euro. Hiesige Medien stellten dieses Ergebnis überwiegend als Sieg konservativer, isolationistischer wenn nicht gar rassistischer Kräfte dar, die in den letzten Jahren ohne Frage auch beim nördlichen Nachbarn stärker geworden sind. Tatsächlich hatte aber v.a. die Linke von Linkssozialdemokraten bis zu den Autonomen einen nicht unerheblichen Anteil an dem Ergebnis. Wir dokumentieren im Folgenden eine Erklärung der Rot-Grünen Einheitsliste, einem Bündnis verschiedener sozialistischer und kommunistischer Organisationen, das inzwischen in der zweiten Legislaturperiode mit einigen Abgeordneten im Folketing, dem Kopenhagener Parlament, vertreten ist.

(wop)

Das klare Nein der Dänen zum Euro ist ein Nein zu dem Versuch der politischen Elite, einen unsozialen und neoliberalen Einigungsprozess durchzudrücken, dem es sowohl in Dänemark als auch im Rest Europas an Unterstützung fehlt. Unser Nein ist ein klares Signal sowohl an die Bürokraten in Brüssel und Frankfurt als auch an die EU-eifrigen Regierungen Italiens, Frankreichs und Deutschlands, das ihnen zeigt, dass ihrem Projekt die demokratische Legitimation fehlt. Unser Nein eröffnet die Möglichkeit einer Debatte in Dänemark und in Europa über die Alternativen zu den elitären Plänen für eine politische Union. Das Nein öffnet die Tür zu einem Europa, in dem alle Staaten und Völker gleichberechtigt teilhaben können - nicht nur die 15 Mitgliedsstaaten. Das Nein ist ein Sieg der Solidarität und ein Nein zu den Plänen der EU, die Steuern zu harmonisieren. Das Nein muss genutzt werden, um den Widerstand der Völker (popular resistance) gegen das im Aufbau befindliche föderalistische Projekt zu stärken. Die Rot-Grüne Einheitsliste wird daher die Zusammenarbeit mit allen fortschrittlichen Gegnern des Euros in ganz Europa stärken, deren Widerstand sowohl in West- als auch in Osteuropa wächst. Diese Entwicklung gibt uns die Möglichkeit, nach anderen Wegen zu suchen, europäische Zusammenarbeit zu entwickeln, als die Union, die Demokratie und nationale Souveränität untergräbt und große Teile der Bevölkerung in ganz Europa an den Rand drängt. Dänemark sollte eine Vereinigungs-Pause verlangen, in der keine weitere Schritte in Richtung weiterer Integration getan werden und statt dessen die entsprechende Energie und Ressourcen dafür genutzt werden, die Probleme der ärmsten Länder Europas durch für alle offene europäische Zusammenarbeit zu lösen.

Das dänische Nein kommt zu einer Zeit, da wir eine neue Bewegung gegen kapitalistische Globalisierung erkennen können. Nach den jüngsten Konfrontationen in Seattle und anderswo kann das dänische Nein den fortschrittlichen Kräften Hoffnung geben, dass die Völker die Angriffe der Eliten stoppen können. Entsprechend wird das Nein eine Quelle der Inspiration sein für soziale Bewegungen und Basisorganisationen, wenn wir uns demnächst anlässlich des EU-Gipfels in Nizza treffen. In ganz Europa muss eine Debatte in der Bevölkerung eröffnet werden. Dänemark sollte vorschlagen, dass eine Konferenz für alle europäische Staaten abgehalten wird, deren Ziel die Entwicklung einer gesamteuropäischen, nicht nur auf die 15 EU-Mitglieder beschränkten, Zusammenarbeit sein soll. Wir fordern ausdrücklich EU-Gegner in anderen Mitgliedsstaaten auf, eine Volksabstimmung über den Euro zu fordern. Ein Referendum, z.B. in Deutschland, würde höchst wahrscheinlich dem Euro den Todesstoß versetzen. Hier und jetzt muss das dänische Nein genutzt werden, um den Widerstand zu stärken gegen den neuen Vertrag, der im Dezember in Nizza angenommen werden soll. Die Rot-Grüne Einheitsliste verlangt von der dänischen Regierung, dass sie einen neuen Vorschlag für die dänische Politik in Hinblick auf diesen EU-Gipfel vorlegt. Ein Vorschlag, der in Word und Tat das Nein zur EU-Politik der Regierung respektiert. Gleichzeitig wird die Einheitsliste daran arbeiten, dass die Opposition gegen Euro und EU auf dem Gegengipfel und bei anderer Gelegenheit im Dezember in Nizza deutlich zu sehen ist.

30.9.2000 (aus dem Englischen übersetzt von wop)