Aus dem Kieler Rat

ÖPNV in Kiel:

Nur ein "ausreichend" von Stiftung Warentest

Die Stiftung Warentest hat den ÖPNV in 20 deutschen Großstädten getestet. Das in der November-Ausgabe der Zeitschrift "test" veröffentlichte Ergebnis ist niederschmetternd für Kiels ÖPNV: Vorletzter Platz (vor Leipzig, auf den ersten Plätzen rangieren München, Stuttgart, Karlsruhe und Hamburg) und Gesamtnote "ausreichend". Die Tester hatten u.a. Faktoren wie Ausschilderungen, Übersichtlichkeit der Fahrpläne, Zustand der Haltestellen, Behindertengerechtheit überprüft und sich dabei auf den Standpunkt eines stadt-unkundigen Touristen gestellt.

Die KVAG zeigte sich enttäuscht von dem Ergebnis. Horst Frank, Leiter des Busbetriebs, machte v.a. das "Tohubawohu" infolge der Umbauten an der zentralen Umsteigestelle Bahnhof/Sophienblatt für die schlechte Bewertung verantwortlich und gelobte Besserung durch Investitionen in Höhe von 5-6 Mio. DM u.a. für ein Info-System, das den Fahrgast auch über Verspätungen und deren Ursachen bzw. Ausweichlinien informieren soll.

Die Ratsfraktionen bewerteten das Testergebnis unterschiedlich. "Wer in anderen Städten Busse und Bahnen nutzt, der weiß, welche Rückstände Kiel in Sachen Service aufzuholen hat", sagte der grüne Ratsherr Klaus Görgner und kritisierte, dass eine Vorrangampelschaltung für Busse immer noch nicht anwendbar sei, obwohl seit Jahren dafür mehrere hunderttausend DM in den Haushalt eingestellt wurden. Auch die CDU wollte Kundenbeschwerden und das Testergebnis "nicht auf die leichte Schulter nehmen" und verlangte, dass "die genauen Gründe aufgearbeitet und abgestellt werden müssen". SUK und SPD dagegen bezweifelten die Aussagekräftigkeit des Tests. "Die Untersuchung ist zufällig und unvollständig", sagten der SPD-Fraktionsvorsitzende Cai-Uwe Lindner und der KVAG-Aufsichtsratsvorsitzende Hartmut Diester (SPD). Cai-Uwe Lindner: "Die Stiftung Warentest hat willkürlich 20 deutsche Großstädte in ihre Untersuchung einbezogen. Bei der Berücksichtigung weiterer Kommunen (z.B. Bonn, Krefeld, Wuppertal) wäre das Ergebnis mit Sicherheit anders ausgefallen. Eine massive Verzerrung des Testfeldes findet außerdem durch die Einbeziehung von Hannover statt, wo aus Anlass der EXPO Millionenbeträge in den Ausbau des ÖPNV gesteckt wurden." Lindner kritisierte ferner, dass die Tester nur Äußerlichkeiten untersucht hätten. "Diese Fragen mögen für Touristen von vorrangiger Bedeutung sein, weshalb wir hier auch Verbesserungen erreichen müssen. Wichtig für die Kieler und die zahlreichen Berufspendler ist, wie oft unsere Busse fahren, wie sie ausgestattet und wie sicher sie sind. Alle diese Punkte fehlen in der Untersuchung der Stiftung Warentest."

Ein herber Rückschlag ist der Test natürlich auch für die Pläne der SPD, den ÖPNV mit den Millionen aus dem Stadtwerkeverkauf zu modernisieren, um ihn dann zu privatisieren. Cai-Uwe Lindner mit Blick auf die europaweite Liberalisierung des Nahverkehrs: "Die Untersuchung der Stiftung Warentest unterstreicht die Bedeutung eines optimalen Service und der Kundenzufriedenheit für ein Nahverkehrsunternehmen. Diese Kriterien müssen bei der Diskussion um die Liberalisierung des Nahverkehrs neben der einfachen Betrachtung von Kostenaspekten berücksichtigt werden." Krokodilstränen, die wohl weniger die Kundenfreundlichkeit im Blick haben als die "schöne Braut", die der Kieler ÖPNV werden soll, um von einem Privatier dereinst gefreit zu werden. (jm)

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