Antifaschismus

"Wenn das die Linken getan hätten ..."

Mancher Beitrag ist gut gemeint und doch daneben

Eine Anmerkung hätte ich noch zur Rede von Frank Teichmüller am 9.11. Na, eigentlich mindestens zwei, denn dass er hinsichtlich politischer Forderungen und konkreter Handlungsorientierung (etwa aufgrund der Beschlusslage der IG Metall!) äußerst zurückhaltend blieb, halte ich auch für keine gute Idee und den Umständen nicht angemessen.

Jetzt geht es mir aber um etwas anderes. "Stellt Euch nur mal vor", so führte Frank sinngemäß aus, "Linksextremisten hätten 93 Mordtaten begangen. Was dann los wäre!" - Gut, mein Gewerkschaftskollege meint: Die Staatsgewalt ist zurückhaltend im Kampf gegen Rechts, während sie gegen Links flink bei der Sache ist. Aber die Präsentation dieses Gedankens ist meines Erachtens völlig verfehlt. Die Idee, "Linksextreme" hätten so wie die Nazis 93 Menschen umgebracht haben können, ist einfach aberwitzig. Ihr Vortrag nutzt unserer Sache nicht.

Das, was Frank Teichmüller sagen wollte, wird öfter mal in ähnlich unbeholfener Form dargestellt. Etwas besser hat die kriminelle Untätigkeit der Staatsmacht gegenüber den Nazis in einer konkreten Situation einmal Detlef Hensche, der heutige Vorsitzende der IG Medien, in Beziehung zum staatlichen Vorgehen gegen Linke gesetzt: "Man stelle sich einmal vor: ein Festakt der Unternehmer, etwa zur Eröffnung einer Messe, würde von 200 Jugendlichen gestört, Anwesende würden verprügelt, unter Parolen wie 'Unternehmer an die Wand', 'Es lebe die bewaffnete Volksmacht'! Wie würden Polizei, Presse und Politiker in einem solchen Fall wohl reagieren?" (Vorangegangen war ein Überfall von etwa 250 rechten Jugendlichen auf eine Maikundgebung in Frankfurt, wobei v.a. "ausländische" Kollegen verletzt wurden und Rufe wie "Kanaken raus", "Sieg Heil" und "Heil Hitler" ertönten. Die Presse sprach von "angetrunkenen Fußballfans".) Im selben Artikel schrieb Hensche: "Waffenfunde, Schießereien, Mordanschläge - auf das Konto neofaschistischer Gruppen geht ein Vielfaches an Gewalttaten, wie etwa die Baader-Meinhof-Bande jemals begangen hat." (Über "Baader-Meinhof-Bande" will ich mich hier nicht streiten.)

Wisst ihr, wann dieser Artikel geschrieben wurde? 1982! - Liebe Leute, man kann doch nicht 20 Jahre lang dieselben Gedanken in stetig sinkender Qualität äußern und sich dann noch für originell halten und denken, einen Beitrag zum Vorwärtskommen der antifaschistischen Bewegung zu leisten! Wirklicher Widerstand und wirklicher Einsatz gewerkschaftlicher Macht in allen ihren Spielarten ist mehr als überfällig! Ohne das eben wirklich unangebrachte Vertrauen in und irgendeine ebenso unangebrachte Anbiederung an die Staatsmacht! - Immerhin, und damit doch noch eine dritte Bemerkung zu Frank Teichmüllers Rede: Der Vorsitzende der IG Metall Küste stellte selbstkritisch fest, er und seine Organisation hätten in den vergangenen Jahren die von den Nazis ausgehende Bedrohung eindeutig unterschätzt. Darauf ließe sich aufbauen, und nicht zuletzt die KollegInnen der IG Metall können hier anknüpfen und Konsequenzen einfordern. Tatsächlich ist die IG Metall ja bereits spürbar in Bewegung gekommen. Die schnelle Reaktion auf die Ankündigung der Nazi-Demonstration in Elmshorn am 21.11. mit der Bereitstellung von Bussen für die Teilnahme an der Gegendemonstration ist ein gutes Beispiel dafür. (D.L.)

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