Internationales

Wohin geht Kurdistan?

Podiumdiskussion in Kiel

Der Arbeitskreis Dialog, der seit Jahren in Kiel tätig ist, ließ am 8.10. mit einer Podiumdiskussion Probleme der kurdischen Politik diskutieren. Eingeladen waren der ehemalige kurdische Parlamentarier Mahmut Kilinc und Ismail Sever, der lange Zeit in der kurdischen Politik aktiv war. Moderiert wurde die Veranstaltung von Davut Kurun.

Mahmut Kilinc sah die Grundprobleme der Kurdenpolitik darin, dass Kurdistan aufgeteilt ist und die kurdische Parteien und Organisationen diese Realität in ihre Politik nicht objektiv genug einbeziehen. Die Kurden müssen mit einer modernen Politik die Veränderungen in der Welt und insbesondere im Nahen Osten berücksichtigen. Dabei darf die Unabhängigkeit Kurdistans als Hauptziel seine Gültigkeit nicht verlieren. Die Kämpfe in Südkurdistan (irakischer Teil Kurdistans) zwischen KDP und PUK sind nur Machtkämpfe, worunter das kurdische Volk leidet, meinte Kilinc. Beide Parteien müssen den Willen der Bevölkerung respektieren und den Krieg beenden. Statt mit Ankara, Bagdad, Teheran oder Damaskus Pakte zu schließen, sollten sie lieber zusammenarbeiten. Von den vier Teilen Kurdistans sei die Situation in Südkurdistan am ehesten für eine internationale Anerkennung geeignet. Deshalb sei es für Gesamtkurdistan wichtig, das Südkurdistan geschützt und entwickelt wird, damit es internationale Anerkennung bekommt.

Die Türkei, Irak, der Iran und Syrien, so Kilinc, hetzen die kurdischen Organisationen gegeneinander, weil sie an der Instabilität in Südkurdistan interessiert sind. In diesem Zusammenhang fragte Kilinc nach der Rolle der PKK in Südkurdistan. Immerhin gebe sie selbst an, die Grenzen der Türkei zu respektieren und sich zu einer Partei entwickeln zu wollen, die auf türkischem Gebiet arbeitet. Wenn man bedenkt, dass die PKK den bewaffneten Kampf gegen die Türkei als beendet erklärt hat, ihre bewaffneten Kräfte nach Südkurdistan verlegt hat und dort z.Z. gegen die PUK kämpft, dann ist es nicht zu schwer, zu beurteilen, wer von ihren Aktionen profitiert. Die Politik der PKK sei eine große Gefahr sowohl für Nord- als auch für Südkurdistan, meint Kilinc, der für die HEP Anfang der 90er im Parlament in Ankara gesessen hat. Dass die PKK ihre bewaffneten Kräfte in Südkurdistan stationiert, gefalle der Türkei, denn es destabilisiert die dortige Lage. Deshalb sei die Türkei auch gegen eine Generalamnestie für PKK'ler. Sie sollen eben in Südkurdistan Unruhen stiften, damit es dort nicht zu einer international anerkannten Staatenbildung kommt. Dies ist auch im Interesse Irans.

Kilinc meinte weiter, dass die Kurden unter den Kämpfern viele Helden haben, unter den Führungskräften jedoch keinen einzigen. Nach dieser Feststellung fügte er hinzu, dass die Kurden den Europäern nichts vorzuwerfen haben, dass sie nicht unterstützt werden. Warum, fragte er, sollte Europa die Kurden unterstützen, die selbst alles aufgegeben haben und sich hinter die Türkei stellen. Deshalb sei es sehr wichtig, dass die Kurden eine Politik der Unabhängigkeit für Kurdistan betreiben. In diesem Zusammenhang legte Kilinc viel Wert auf die Plattform der Organisationen Nordkurdistan, zu der sich verschiedene Gruppen und Parteien, die in Opposition zur Politik der PKK stehen, zusammengeschlossen haben.

Der zweite Referent, Ismail Sever, zählte die Probleme der kurdischen Politik wie folgt auf:

In der anschließenden Diskussion, warf Mahmut Kilinc vorwurfsvoll die Frage auf, was geschehen wäre, wenn Öcalan vor Gericht ausgesagt hätte, dass er für die Rechte der Kurden gekämpft hat und dass es leider mit Waffen sein musste, lag allein an der Politik der Türkei. Vielleicht wäre er gehenkt worden, aber dafür hätte die PKK ihre Kraft verzehnfacht und die Kurden wären ihrem Ziel ein ganzes Stück näher gekommen.

Obwohl im Publikum fast alle kurdischen politischen Ansichten vertreten waren, wurde die Diskussion im Großen und Ganzen sachlich geführt. Es gab keine persönlichen Angriffe, was eigentlich nicht selbstverständlich ist. Der Arbeitskreis Dialog hat sich vorgenommen, solche Diskussionen in Zukunft öfter zu organisieren, da sie für die momentane Lage der Kurden notwendig sind. (kek)

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