Antifaschismus

Nazigewalt in Neumünster

Zu einer für Neumünsteraner Verhältnisse ungewöhnlichen Häufung rechter Gewalttaten kam es in den letzten Wochen in der Schwalestadt. Am Samstag, 24.11. wurde ein junger Mann von drei "rechtsgerichteten" Männern zusammengeschlagen. Er hatte sich zuvor geweigert, den "Heil-Hitler-Gruß" der Gruppe zu erwidern (Holsteinischer Courier (HC) v. 29.11.).

Nur sechs Tage später, Freitag Nacht (1.12.) gegen 2.30 Uhr wurden zwei Männer von etwa zehn Nazis brutal zusammengeschlagen. Die Täter schrien rassistische Parolen und schlugen auf die beiden Opfer ein. Nachdem sie noch mehrfach auf die Opfer eingetreten hatten, ließen sie plötzlich von ihnen ab und flüchteten in Richtung Post. Die beiden Männer mussten im Krankenhaus behandelt werden und sagten gegenüber der Presse, sie seien "froh, dass sie noch leben". Dies war bereits der vierte Überfall von Faschos, der sich in den letzten zwei Jahren im Fußgängertunnel am Bahnhof ereignete. Als sich eins der Opfer am Montag erkundigte, warum die Presse nicht über den Vorfall berichtet hatte, bekam er zu hören, dass die Polizei die Presse nicht unterrichtet hatte. Erst nach mehreren Telefonaten des Opfers und der IG Metall (in der das Opfer Mitglied ist) bestätigte die Polizei den Vorfall.

Am Sonnabend, 2.12. verprügelten drei junge Männer gegen 1.15 Uhr in der Werderstraße einen Kroaten und verletzten ihn. Ein 20jähriger Neumünsteraner, der zur rechten Szene gezählt wird, wurde in unmittelbarer Tatortnähe festgenommen und hat die Tat gestanden. (HC 7.12.)

Ein weiterer Überfall ereignete sich in der Nacht zu Sonntag in der Ehndorfer Straße. Hier kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen einer Gruppe junger Türken und einer Gruppe Rechtsradikaler. Dabei schlugen die Rechten auf das Auto der Türken mit Stangen ein. Menschen wurden nicht verletzt; der Wagen wurde beschädigt. Auch hier ermittelte die Polizei als Täter junge Neumünsteraner aus der rechten Szene. (HC 7.12.).

Für alle drei Vorfälle an diesem Wochenende galt, dass die Polizei die Presse zunächst nicht informiert hatte. Erst nach mehreren Nachfragen der Opfer, der Presse und des Bündnis gegen Rechts bestätigte die Polizei die Vorfälle.

Am Dienstag, 5.12. wurden im Neumünsteraner Stadtteil Tungendorf (geschätzt) rund 500 Aufkleber mit faschistischen und rassistischen Parolen verklebt, überwiegend Aufkleber der "Arbeitsgruppe Propaganda: Den Volkszorn auf die Straße tragen...". AntifaschistInnen machten sich sofort daran, die Aufkleber wieder zu entfernen. Am Mittwochabend kam es hierbei zu einem Zusammentreffen mit zwei Neonazis mit Hund. Einer der Nazis wurde sofort agressiv und forderte seinen "Kameraden" auf, "im Club anzurufen". Dann ging er auf einen der Antifas los und verletzte ihn leicht. Danach kam es zu einer kleineren Rangelei. Die sofort gerufene Polizei kam relativ schnell und nahm die Personalien aller Anwesenden auf. Zwei Antifas erstatten Anzeige wegen Körperverletzung gegen einen der Nazis. Die aus dem "Club 88" gerufene Nazi-Verstärkung fuhr am Ort des Geschehens vorbei, da die Polizei aber schon anwesend war, griffen sie nicht mehr ein.

Offen bleibt die Frage, wie diese Häufung von Naziübergriffen zu bewerten ist. Zu befürchten ist, dass sich die Nazis aufgrund der Gerichtsentscheidung, den Nazi-"Club 88" nicht zu schließen, im Aufwind fühlen und nun eine "Offensive" ausrufen. Dass sie Neumünster, v.a. die Stadtteile Faldera und Gadeland, wo der Faschoclub liegt, zur "national befreiten Zone" machen wollen, ist aufmerksamen Zuhörern des Geschwafels auf diversen Nazikundgebungen bekannt.

Alles, was der Stadt Neumünster zu diesem Thema einfällt, ist die Einrichtung einer Sozialpädagogenstelle mit dem Auftrag, junge NeumünsteranerInnen davon abzuhalten, den Nazis beizutreten. Zu fragen bleibt, ob angesichts der erreichten Stärke und Geschlossenheit der Naziszene in Neumünster nicht eine zusätzliche Stelle bei der Polizei sinnvoller wäre (die dann allerdings auch ernsthaft gegen die Nazis aktiv werden müsste). Auch die Schließung des Nazitreffpunkts "Club 88" muss endlich durchgesetzt werden. Denn solange der ideologisch gefestigte Kern weiter nahezu ungestraft Ausländer und Linke angreifen und einen Treffpunkt bieten kann, bleibt die Szene für autoritär strukturierte Jugendliche mit Macht- und Gewaltphantasien attraktiv. (A.L.)

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