Antifaschismus

Elmshorn, die vierte

Am 13. Januar wurde den Nazis wieder einmal eine Kundgebung in Elmshorn ermöglicht. Demonstrieren durften sie diesmal allerdings nicht. Mindestens 60 AntifaschistInnen, die auf dem Weg zum Kundgebungsplatz der etwa 200 Faschisten waren, wurden von der Polizei mehrere Stunden eingekesselt. An einer von der ÖTV angemeldeten und von vielen Organisationen getragenen antifaschistischen Demonstration beteiligten sich gut 2000 Menschen.

Auf der Auftaktkundgebung rief die Elmshorner Bürgermeisterin Brigitte Fronzek dazu auf, den Faschisten immer wieder zu zeigen, dass sie in Elmshorn nichts zu suchen haben.

Die wohl beeindruckendste der vielen Reden auf der Abschlusskundgebung war die des Hamburger IG-Medien-Vorsitzenden Rolf Becker. Hier ein Auszug:

"Die Gewinne der Unternehmer vergrößern sich, die Umverteilung von unten nach oben geht weiter - dem geringfügigen Rückgang der Arbeitslosenzahlen stehen Lohndrückerei und verschärfte Arbeitshetze entgegen, statt der Ostlöhne werden die Westlöhne angepasst, die sozialen Systeme werden weiter ausgehöhlt ..., die Renten ... werden gekürzt, das Gesundheitswesen wird demontiert und verteuert, Schulen, Hochschulen und Ausbildungsstätten noch konsequenter ausgerichtet auf den Bedarf der Wirtschaft - hinter den Stichworten ... verbergen sich für immer mehr Menschen Existenzfragen, auf die sie keine Antwort mehr finden. (...)

Politik und Wirtschaft müssen antwortlos bleiben - nicht, weil sie den Faschismus wollen, sondern weil die zunehmende Konkurrenz auf den Weltmärkten ihnen keine Alternative zur Fortsetzung der sozialen Demontage lässt - ohne das System freier Marktwirtschaft selbst in Frage zu stellen. So wie es aus ihrer Sicht, als mit der Weltwirtschaftskrise Ende der 20er Jahre das Vertrauen in die Weimarer Demokratie schwand, schließlich keine Alternative zum Hitlerfaschismus mehr gab: um die wirtschaftliche Macht zu erhalten, wurde die politische Macht den Nazis übergeben.

An diesem Widerspruch knüpfen die Nazis auch heute an. Unterschätzen wir sie nicht! Sie sind nicht nur gewalttätig, sie machen auch Politik. Und nutzen dabei die Widersprüche innerhalb der bürgerlich-parlamentarischen Demokratie für ihre Zwecke. Unterschätzen wir vor allem nicht, wie sie die Auswirkungen des sozialen Abbaus zu ihrer Profilierung auszunutzen versuchen - nicht nur gegenüber anderen Parteien, sondern auch gegenüber den Gewerkschaften - ich zitiere, "Deutsche Stimme", Zeitung der NPD, August 2000: 'Springender Punkt aller ökonomisch-sozialen Problematik ist die Tatsache, dass im liberal-kapitalistischen System - und zwar systembedingt - zu allererst das Kapital, nämlich das Geld- wie das Sachkapital, aus den Wirtschaftserträgen aller Schaffenden 'bedient' werden muss. Können diese gewaltigen Tribute an das Kapital nicht mehr aus Produktivitätssteigerungen aufgebracht werden, dann sind es die Arbeitnehmer, die durch Sozialabbau und Arbeitsplatzverlust die Zeche bezahlen. Da die Gewerkschaften dieses ungeschriebene Gesetz des Kapitalismus ignorieren, stecken sie bis zum Hals in der zinskapitalistischen Systemfalle ...'

Abgesehen von den leicht überlesbaren Pferdefüßen im Text, der mit seiner Kritik des "liberal-kapitalistischen" verdeckt, dass es seinen Verfassern nicht um eine soziale Lösung, sondern um einen nach dem Muster der 3. Reiches gelenkten Kapitalismus geht, bezieht er sich auf eine soziale Wirklichkeit, der wir uns stellen müssen, wenn wir den Nazis das Feld nicht überlassen wollen.... "

Aus Kiel traten als RednerInnen noch Uli Stangen, Vorsitzender des Vertrauensleuteausschusses der IG Metall, sowie Bettina Jürgensen, Bezirksvorsitzende der DKP und Betriebsratsvorsitzende der "Pumpe", auf. Uli stellte einige Aspekte der Arbeit des Kieler "Runden Tisches" vor. Bettina wies unter anderem auf den ungeheuerlichen Missbrauch der Parole "Nie wieder Faschismus" durch die Bundesregierung während des Krieges gegen Jugoslawien hin und stellte die weitgehende Folgenlosigkeit der bisherigen regierungsamtlichen Anti-Nazi-Bekundungen bloß.

Eine grüne Peinlichkeit ist noch zu vermelden. Zitat aus einem Flugblatt: "Angelika Beer, MdB, lädt für Sa., 31.März 2001 zu einer Tagung nach Kiel ein. Das Treffen soll der Vernetzung regionaler Initiativen, Vereine, Runden Tische und aller in der antifaschistischen Arbeit tätigen Menschen dienen." Ausgerechnet die Grünen, die in der hiesigen antifaschistischen Bewegung kaum eine Rolle spielen (außer dass sie ihre Prominenz immer mal wieder medienwirksam in Szene setzen), wollen uns jetzt alle vernetzen! Darauf, Angelika, haben wir wirklich alle gewartet. Wir sehen uns dann am 31.3. in der "Pumpe"... (D.L.)

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