Grüße vom Kuckuck

Verehrter Herr Oberbürgermeister,

ich muss gestehen, dass ich bei der Anrede gezögert und mich gefragt habe, ob ich etwas übersehen habe. Schließlich gibt es auch in der Hölle Oberteufel und ihre nachgeordnete Spezies und in der von Ihnen verehrten Marine Ober- und Unteroffiziere. Doch Kiel ist nicht die Hölle, wohin allerdings die Marine wiederum gehört. Das jedoch ist nur die unmaßgebliche Meinung eines Kuckucks, der immer erschrickt, wenn fröhlich gespitzte Soldaten- und zukünftig auch noch Soldatinnenmünder der Deutschen liebsten Kanon anstimmen. Oh! - was für eine Verwirrung.

Deshalb, jetzt ohne zu zögern, verehrter Herr Oberbürgermeister! Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel: Das verleiht die nötige Würde. Das gibt Ihnen aber nicht das Recht, mit den Gefühlen Ihrer Untertanen zu spielen. Deshalb muss ich Sie fragen: Was haben Sie sich dabei gedacht, als Sie in den letzten Tagen des vergangenen Jahrhunderts die Kieler Bevölkerung..., na gut, zumindest Herrn Rethage, mit der Ankündigung, Bundeskanzler Schröder wolle die Windjammer- und Traditionssegler-Parade am zweiten Kieler-Woche-Sonnabend (23. Juni) an Bord der Gorch Fock erleben, in einen Freudentaumel versetzten? Der Landratte Rethage könnten wir ja noch verzeihen. Aber Ihnen? Sie haben doch auf ihr gedient und Sie haben, wie wir wissen, den kurzen Draht zum Oberkommando Wehrbereich I, Küste. Hätten Sie dort nicht vorher nachfragen können? So war natürlich die Enttäuschung groß, als wir gerade einmal 24 Stunden später aus den KN erfuhren, dass die Gorch Fock, wie bereits im vergangenen Jahr, auch 2001 gar nicht zur Kieler-Woche anwesend sein wird.

Nun sind wir vollmundige Ankündigungen aus dem Rathaus gewohnt. Aber mit der Kieler Woche dürfen auch Sie keinen Spaß treiben, Herr Oberbürgermeister. Sie "ist etwas Einmaliges auf der ganzen Welt." Das haben Sie doch gut erkannt. Und Sie sind auch völlig im Recht, wenn Sie ihre Qualität nicht durch eine Untersuchung bewerten lassen wollen, denn das, was eine teure Untersuchung ergeben würde, wissen außer Ihnen alle anderen, die ihre Sinne noch beisammen und sich einmal in dem Gewimmel zwischen Bahnhof und Blücherbrücke herumgedrückt haben. Sie sehen das natürlich von einer anderen, höheren Warte aus und müssen sich nicht den Geruch ranziger Bratfette und schrumpliger Würstchen in die Nase wehen, von den immer gleichen Darbietungen reisender Dilettanten langweilen und vom Hofbräuhaus beseelter Männleinhorden umzingeln lassen. Was sollen aber jene machen, denen das nicht gefällt und die auch in der stärkeren Einbindung der Marine kein höheres Niveau der Kieler Woche erkennen können?

Als Oberbürgermeister wissen Sie zum Glück einen Rat, sich diese Nörgler vom Halse zu schaffen: "Es gebe zahlreiche Ruhezonen in der Stadt, von denen aus man das Treiben in Abgeschiedenheit genießen könne", werden Sie in den KN zitiert, "...den Tiessenkai in Holtenau, die Wiesen vor dem Tirpitzhafen und vor der Bellevuebrücke, die Hörn und die Schwentinemündung". Haben Sie nicht Elmschenhagen und Mettenhof vergessen, zwei Stadtteile, in denen es sich schließlich auch zur Kieler Woche schlecht und recht leben lässt?

Wollen sie diese, sich täglich um das soziale und kulturelle Leben dieser Stadt verdient machenden Bürgerinnen und Bürger tatsächlich nur zu Zaungästen dieses zwischen Himmel und Hölle einzigartigen Ereignisses deklassieren?! Und was wird dann aus mir? Das fragt Sie Ihr um seine eigne Sicherheit besorgter

Kuckuck

LinX-Startseite