Grüße vom Kuckuck

Verehrter Herr Dr. Opitz,

als alter, frei umherschweifender Kuckuck, der seinen Schnabel ständig in fremde Nester steckt, ist es mir natürlich nicht verborgen geblieben, dass Sie der Mann im Hintergrund sind, der den Studierenden im Ergänzungsfach "Kulturmanagement" am Institut für neuere deutsche Literatur und Medien der CAU Kiel den Weg von der geisteswissenschaftlichen Theorie zur betriebswirtschaftlichen Praxis weist. Dort also, so erfahre ich es aus den KN vom 26.1.2001, "müssen die 32 Teilnehmer bis zum Ende des zweiten Semesters eine kulturelle Veranstaltung (als Abschlußarbeit) auf die Beine stellen." (Für diesen sprachlichen Müll sind wir beide nicht verantwortlich.)

Nun ist es sicher eine ehrenwerte Aufgabe, die jungen Leute rechtzeitig auf das wirkliche Leben vorzubereiten. Aber muss das gerade jemand aus dem Ministerium tun, der sich immerhin seine Sporen am Nord-Kolleg verdient hat. Sind Sie sich also sicher, dieser Aufgabe gewachsen zu sein? Oder wäre es nicht zeitgemäßer gewesen, dafür einen dynamischen Jungmanager zu suchen, einen Kreativfuzzy, der weiß wo welche Musik gespielt wird. Der nicht nur die 32 Studierenden, sondern gleich das ganze Institut fit für den Markt macht!?

Das frage ich Sie ganz ungeniert; denn Sie wissen ja, ein Kuckuck, verantwortungslos wie er ist, mag keine Halbheiten. Wir leben schließlich in einem Ramba-Zamba-Land, in dem der Elfenbeinturm Kultur schon längst gestürmt ist. Junge deutsche, schreibende Männlein und Weiblein sind pop. Was zählt ist die Show und die Verpackung. Leben und schreiben ein geiler Event. Hedonismus ist in, Kontemplation nur noch was für die Doofen. "Fire & Ice", das Geld bekommen wir nur tanzend.

Das Geblubber zumindest haben die beiden, von den KN befragten Studierenden schon gut gelernt und sich gleich für den Fotografen in eine entsprechende Pose geworfen, denn "Körperkultur" soll das Thema ihrer Veranstaltung heißen und eine "Kombination aus Körperlichkeit und Kunst" sein. Und dazu soll unter anderem ein Autor eingeladen werden.

Aber bitte (jetzt flehend), laßt ihn nicht aus einem Buch, zumindest nicht aus seinem eigenen lesen. Laßt ihn die Strichkodierung auf dem Umschlag entziffern oder drückt ihm das Telefonbuch in die Hand, laßt ihn Platten auflegen oder mit dem Fallschirm auf dem Dach der Kunsthalle landen. Nicht gerade originell, alles schon mal dagewesen, sagen Sie. Ich weiß, für die Spaß(Lust)gesellschaft ist die Welt noch immer eine durch die Repeat-Taste in Gang gesetzte Scheibe.

Die Beliebigkeit des Inhalts war bei der letzten Abschlußarbeit jedenfalls schon gut gelungen. Jetzt muss es endlich richtig trashen, damit auch noch der spießige Charme einer Schleswig-Holstein-Musikfestival-Veranstaltung eleminiert wird. Das ist doch wohl zu schaffen?

Ihr Kuckuck

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