KERNspalte

Scharping im Regen: Nun haben die US-Streitkräfte in Deutschland 9 Unfälle mit DU-Munition seit 1980 eingeräumt. Dabei handele es sich um "irrtümlichen Verschuß" und um Brände von Kampfpanzern in Bayern, Hessen und Niedersachsen. Auch Rheinmetall hat in den 70er Jahren DU-Munition in Unterlüß und Schrobenhausen getestet, im Auftrag des Verteidigungsministeriums. Rheinmetall selbst habe sich im Ergebnis für die Wolfram-Technologie entschieden. Die Gesellschaft für Strahlenschutz hat Scharping unterdessen Verharmlosung der Uran-Munition vorgeworfen. Die von ihm in Auftrag gegebene Studie (Urinanalysen) weise "schwerwiegende methodische Mängel" auf, die den Verdacht der Manipulation nahelegten.

Wissenschaftler eines Gießener Analytik-Labors wollen nun sensationellerweise die Ursache der Leukämiehäufung in der Elbmarsch bei Geesthacht gefunden haben: Kleine Kügelchen aus Plutonium, Americium und Curium von max. 1 mm Durchmesser, die vor ca. 15 Jahren dort deponiert worden seien. Da diese Zusammensetzung nicht aus Krümmeler Brennelementen und auch nicht aus Tschernobyl stammen kann, gerät jetzt die GKSS wieder in Verdacht. Strahlenforscher Gabriel vermutet, es handele sich um PAC-Kernbrennstoff aus Forschungseinrichtungen, der entweder in der GKSS selbst erzeugt oder in der Sammelstelle für radioaktiven Müll havariert sei.

Ein anderer Gabriel, nämlich der Ministerpräsident von Niedersachsen, hat Anfang Februar die BI Lüchow-Dannenberg besucht. Wie nicht anders zu erwarten, äußerte Gabriel Verständnis, aber keine Toleranz für die angekündigten Blockaden des Castor-Transportes, und die BI-Sprecherin Rosi Schoppe kritisierte, daß Gabriel ("als Jugendlicher häufiger auf Anti-AKW-Demos gewesen") friedliche Sitzblockaden als illegale Nötigung eingestuft habe, was sogar der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts widerspreche. Bauern protestierten gegen die Verwendung von "Drahtkäfigen" als Zellen zur Ingewahrsamnahme.

Rußland will den Temelin-Reaktor VVER-1000 zum Erfolgstyp trimmen: Je 2 Reaktoren dieses Typs sollen nach China, Indien und Iran exportiert werden, weitere 20 im eigenen Land gebaut werden. Temelin selbst wirbt zur Zeit ja mit technischen Mängeln für diesen Reaktortyp: Zu dünne Rohre im Turbinenbereich, ein "Haarriss", der kurz darauf schon 45 cm lang war, und eine Unwucht in einer Dampfturbine haben das AKW schon seit dem 18. Januar stillgelegt. Ein anderer VVER-1000 wurde noch vor der Fertigstellung wieder abgerissen, nämlich Stendal.

Auch in Taiwan soll weitergebaut werden: Präsident Chen Shui Bian hat den vor drei Monaten verhängten Baustopp auf Druck der Opposition, die im Parlament die Mehrheit hat, und des Obersten Gerichtshofs aufgehoben. Anwohner des umstrittenen Reaktors haben angekündigt, sie würden in ihrem Widerstand bis zum Äußersten gehen, auch wenn Blut fließe.

Der globale Energiemarkt ist nach wie vor in Bewegung: RWE versucht, den spanischen Stromversorger Hidrocantábrico zu übernehmen. Übernahmekonkurrent ist die Unternehmensgruppe Ferroatlántica, deren Hauptinvestor wiederum die EnBW wäre, wenn die Übernahme denn klappen sollte. EnBW wird in Kürze mit Electricité de France (EdF) fusionieren, die EU-Kommission hat schon zugestimmt. Die Fusion ist allerdings mit harten Auflagen verbunden, die besonders EdF treffen. Der französische Stromgigant muss seinen Wettbewerbern innerhalb von 5 Jahren Produktionskapazitäten von 6.000 MWh zur Verfügung stellen und damit ein Drittel des Marktes für Kunden aus der Industrie öffnen. EnBW muss sich von ihrer 24%-Beteiligung an der Schweizer Watt AG trennen, trotzdem zeigten sich das deutsche Unternehmen und Verkäufer BW-Ministerpräsident Teufel zufrieden.

Kartellamtspräsident Ulf Böge leitete ein Musterverfahren gegen den ostdeutschen Stromversorger e.dis NORD AG, eine E.ON-Tochter, ein. Es bestehe der begründete Verdacht, dass e.dis von anderen Stromanbietern missbräuchlich überhöhte Durchleitungsgebühren verlange und die Liberalisierung behindere, die E.ON anderenorts schamlos einklage. Ein Vergleich der Netznutzungsentgelte ergebe, dass e.dis die höchsten Durchleitungsentgelte aller 294 ausgewiesenen Netzbetreiber fordere.

In Biblis soll bis 2005 nach Plänen der RWE ein großes Zwischenlager für 135 Castor-Behälter entstehen. Das würde reichen, um alle Brennelemente aus Biblis A und B noch für viele Jahre und außerdem die BE aus dem stillgelegten AKW Mühlheim-Kärlich aufzunehmen. Sieht ganz so aus, als solle der Uraltreaktor Biblis A noch lange in Betrieb gehalten werden.

"Bündnis 90/Die Grünen sind nach wie vor die einzige Partei, die die Nutzung der Atomenergie konsequent ablehnt." Das meint jedenfalls der Landesverband Schleswig-Holstein und konkretisiert, was "konsequent" heißt: "1. B90/Die Grünen stehen zu dem vereinbarten Ausstieg aus der Atomenergie" - und deshalb beteiligen sie sich nicht an Blockaden von Castor-Transporten, und wenn sie überhaupt mal demonstrieren würden, dann nur "friedlich und gewaltfrei", und sie würden "auch anderen TeilnehmerInnen auf Demonstrationen deutlich machen, dass wir jede Form der Gewaltanwendung ablehnen". 2. Sie "akzeptieren die moralische und völkerrechtliche" Rücknahmeverpflichtung "Deutschlands", und darin stimmen sie mit Atomforums-Präsident Maichel überein. Und das tun sie auch merkwürdigerweise in einem dritten Punkt. Maichel fordert, "daß sich der Geist der Vereinbarung (des Atomkonsens, BG) auch in der neuen Atomgesetz-Novelle widerspiegeln" müsse, das klingt bei Grünens so: "... erwarten von der rot/grünen Bundesregierung ... eine zügige Novellierung des Atomgesetzes, damit die Inhalte des Atomausstiegs-Konsenses noch in dieser Legislaturperiode Gesetzeskraft erhalten." Was das Atomforum damit meint, bis der gesicherte Weiterbetrieb der Kraftwerke erreicht sei, "sind jedoch noch einige Hürden aus dem Weg zu räumen"? Man kann es wörtlich auffassen: Barrikaden, Blockaden, Tunnel im Wendland, an denen sich Grüne ja (wiederholt) nicht beteiligen werden. Sondern eher am Aus-dem-Weg-räumen.

Der Gorleben-Transport mit 6 Glaskokillenbehältern ist also sicher. Sicher ist auch, daß der Widerstand sich darauf vorbereitet, eine Transportstrecke von gut 70 km anzugreifen, nämlich die 50 Schienenkilometer von Lüneburg bis Dannenberg, und die 20 Straßenkilometer von dort bis zum Zwischenlager Gorleben. Mittendrin wird die neu erbaute Jeetzelbrücke sein, und ausgebaut wurde auch die Verladestation bei Breese in der Marsch mit dem fahrbaren Verladekran und Platz für 6 Tieflader, womit das lästige Rangieren entfällt. Rudolf Scharping ist angehalten, seine Propagandamaschine und die Erfahrungen aus dem Kosovo-Krieg zum Wohle der Operation "Rücknahmeverpflichtung" zur Verfügung zu stellen. Für Kollateralschäden kann ggf. gesorgt werden. Abgesagt hingegen sind die Castor-Transporte nach Ahaus, weil Trittin die BW-Landesregierung angewiesen hat, rechtswidrig Abklingbecken und Castor-Stellplätze restlos auszunutzen.

(BG)

LinX-Startseite