Aus dem Kieler Rat

Städtisches Krankenhaus:

Mein Name ist Bommelmann, ich weiß von nichts

Die unzumutbare Arbeitsbelastung des Pflegepersonals und der Ärzte im Städtischen Krankenhaus verspricht zum Dauerbrenner auf den Sitzungen der Ratsversammlung zu werden. Mitte Februar stand sie anlässlich einer großen Anfrage der Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen auf der Tagesordnung. Sozialdezernentin Bommelmann hatte allerdings wenig Neues in ihrer Antwort zu bieten, in der sie sich wiederholt auf ihre Mitteilung vom Januar berief (siehe LinX 3/01). Die Frage, ob es überhaupt die Möglichkeit eines Freizeitausgleichs für Überstunden gibt, bejahte Bommelmann:

"Grundsätzlich besteht aufgrund der Personalsituation in jedem Fall die Möglichkeit, Überstunden durch Freizeit auszugleichen." In der 2. Medizinischen Klinik und auf der Internistischen Intensivstation habe es Probleme gegeben, dies zu organisieren. Ob diese Probleme inzwischen ihrer Ansicht nach behoben sind und worin sie bestanden haben, ließ die Dezernentin offen. Auch davon, dass, wie die Grünen in ihrer Anfrage schreiben, Assistenzärzte und Ärzte im Praktikum ihre Überstunden zum Teil gar nicht aufschreiben, um ihre Kollegen nicht noch mehr zu belasten, will Bommelmann nichts gehört haben.

Bild: Sozialdezernentin Bommelmann

"Bommelmann und die Karnkenhausleitung lügen", meint hingegen ein Flugblatt, das einige Schwestern und Pfleger an die Ratsherren und -frauen verteilten. "Die angefallenen Überstunden werden nicht in Freizeit abgegolten." Unbesetzte Planstellen würden für ein weiteres Anwachsen des Überstundenberges sorgen, ja, es würden sogar weiter Planstellen gestrichen.

Ratsfrau Jöhnk von den Grünen wies darauf hin, dass im Krankenhaus eine Wiederbesetzungssperre gelte, obwohl es seinerzeit von dieser ausgenommen worden sei. Bommelmann dazu: Die hat das Krankenhausdirektorium eingeführt, um die Deckelung des Krankenhausbudgets abzufangen, d.h. um die Ausgabengrenzen einzuhalten. Es gebe aber Ausnahmen von der Sperre.

Während sich in der Ratsversammlung alle Rednerinnen und Redner sichtlich bemühten, die Sache nicht hochzukochen und schön friedlich miteinander umzugehen, um keinen Skandal zu provozieren, lässt das Flugblatt der Betroffenen vermuten, dass im Krankenhaus mit härteren Bandagen gekämpft wird: "Jeder Versuch diese fatale Entwicklung (der anhaltenden Überlastung) offen zu legen wird nicht nur von der Krankenhausleitung überhört und unterbunden, auch freigestellte Personalräte ‘argumentieren’ mit Drohungen derart: ‘Wenn ihr nicht ruhig bleibt werden euch Planstellen gestrichen oder werden wir privatisiert.’"

Bei der SPD-Fraktion spricht man hingegen lieber von "Qualitätssicherung und Benchmarking", was wohl soviel wie weitere Arbeitsverdichtung bei Minimierung der negativen Auswirkungen für die (zahlenden?) Patienten heißen dürfte. Das stünde an, denn ab 2003 gebe es eine neue Situation durch ein geändertes Abrechnungssystem. Angesichts des bisherigen Umgangs mit den Problemen lässt das allerdings wenig Gutes erwarten.

(wop)

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