Kommentar

Bloß nichts überstürzen

Zwei Berichte der international führenden Klimaforscher haben in den vergangenen Wochen Teile die Öffentlichkeit aufgeschreckt, wenn auch die Halbwertzeit der Aufmerksamkeit nicht über den Minutenbereich hinaus kam: Bei einem Weiter-So wird die globale Mitteltemperatur in den nächsten 100 Jahren um bis zu 5,8 Grad und der mittlere Meeresspiegel um einen knappen Meter ansteigen. Das ist für Informierte nicht unbedingt neu. Auch nicht, dass der Klimawandel mit einem verheerenden ökologischen Desaster einhergehen und Opfer von Naturkatastrophen sowie Nahrungs- und Trinkwassermangel vor allem der ärmere Teil der Weltbevölkerung sein wird.

Doch wer will schon informiert sein. Die Kieler Ratsherren und -frauen in ihrer Mehrheit jedenfalls nicht. Zwar hat sich Kiel einst, als es noch opportun war, zur Klimastadt erklärt, doch geschehen ist nichts. Zumindest nichts Wesentliches. Im Landeshauptdorf ist man noch weit davon entfernt, dass gesteckte Klimaschutzziel zu erreichen, ergab im letzten Jahr eine Untersuchung.

Konsequenzen? Keine. Nur Häme hat man vor allem bei CDU und SUK für jene über, die zumindest noch mal nachfragen wollen. Man solle doch auch an die Treibhausgase denken, die beim Kopieren der Anträge entstehen, wurde die Grüne Ratsfraktion anlässlich der Debatte um besagte Untersuchung beschieden.

Jetzt haben die Grünen vorgeschlagen, dass die Stadt sich aktiv für Altbausanierung im Rahmen des Klimaschutzprogramms der Bundesregierung einsetzen soll. Das wäre nämlich ein ergiebiges Feld. Raumheizung ist in Deutschland die größte Quelle des Haupt-Treibhausgases CO2 und die Einsparpotenziale sind enorm. Außerdem ist die Sache aufwendig und könnte eine Menge Arbeitsplätze schaffen.

Auch das alles nichts Neues, sondern schon seit mindestens 20 Jahren bekannt. Für SPD, CDU und SUK dennoch kein Grund zur Eile: Der Antrag der Grünen wurde an den Bauausschuss verwiesen. Die SUK stellte klar, dass es keineswegs zu den Aufgaben der Stadt gehöre, Hauseigentümer über die Fördermöglichkeiten aus dem seit Januar laufenden Programm der Bundesregierung zu informieren. Geld aus dem städtischen Haushalt für derlei Aufklärung solle schon gar nicht zur Verfügung gestellt werden, meint auch die CDU.

Statt dessen: Noch mehr Straßen (die Stadt plant seit einiger Zeit an einer Entlastungsstraße für den Ostring) und Ausbau des Flugplatzes Holtenau, damit der Klima-Gau noch ein bisschen schneller kommt. "Ich kenne keine Parteien mehr, sondern nur noch Lemminge", sprach König Norbert und freute sich.

(wop)

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