Ländliches

Das gewisse Etwas

CDU und Grüne wollen Schulen ein wenig privatisieren

In Zeiten des allgemeinen Ausverkaufs des öffentlichen Eigentums ist "Schulsponsoring", d.h. die (Teil-)Finanzierung der schulischen Bildung durch Spender aus der Wirtschaft, groß im Kommen. Die schleswig-holsteinische CDU will die bereits weit verbreitete Praxis gesetzlich regeln und hat daher im Landtag Mitte letzter Woche einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht. "Die Annahme von Geld- und Sachleistungen von Dritten an Schulen", heißt es bei den Christdemokraten, soll "auf eine gesicherte gesetzliche Grundlage gestellt werden". Ihnen geht es dabei u.a. um einen Abbau kommunaler Kontrolle: "Zum einen wollen wir Spenden direkt an die Schule ermöglichen und nicht über den Umweg des Schulträgers", heißt es in einer CDU-Presseerklärung. Zu Spenden solle ausdrücklich ermuntert und bestehende Unsicherheiten beseitigt werden. Zwar sieht auch CDU-Sprecher Joost de Jager die Gefahr, dass Schulen in wirtschaftlich schwächeren Gebieten schlechter gestellt werden, hat dafür aber nur ein Achselzucken übrig. Man könne Eltern schließlich nicht verwehren, für die Schulen ihrer Kinder zu spenden, nur weil andere Schulen nichts abbekommen. Es gehe ja nur darum, "eine zusätzliche Ausstattung, das gewisse Extra zu gewährleisten, das über die Grundausstattung hinausgeht."

Keineswegs wolle man aber, dass an den Schulen die blau-weiß-rote Fahne "eingeholt und die Coca-Cola-Fahne gehisst wird." Die Spenden dürften nicht an Bedingungen geknüpft sein und "die Schülerinnen und Schüler müssen vor übermäßiger Werbung geschützt werden." Dabei liegt die Betonung auf "übermäßig", denn der Gesetzentwurf sieht vor, dass in "geeigneter Weise" auf die Spender hingewiesen werden darf. Schule als Werbeträger also, wenn auch vielleicht zunächst nur dezent.

Beim grünen Koalitions-Junior, längst in der neoliberalen Realität angekommen, ist man begeistert: "Die Änderungen des Schulgesetzes, wie sie die CDU vorschlägt, eröffnen eine spannende fachpolitische Debatte, der wir uns nicht verschließen", so die bildungspolitische Sprecherin der Grünen Angelika Birk. Zwar möchte man "Fingerspitzengefühl beim Thema Sponsoring und Werbung" walten sehen. Auch halten die Grünen die nächtliche Nutzung von Schulhöfen als Parkplätze, wie es ein geschäftstüchtiger Schuldirektor in Berlin organisiert haben soll, für keine gute Idee. Aber: "Die Autonomie der Schule, die Öffnung zur Gemeinwesenarbeit und die Unterstützung des Schullebens durch private Dritte sollen nicht nur auf dem Papier stehen." Auch bei den Grünen außer einem Lippenbekenntnis, dass das Einkommen der Eltern keine Rolle spielen dürfe, keine konkrete Antwort darauf, wie ein Zunehmen der Ungleichheit in der Ausstattung vermieden werden kann.

Beim großen Koalitionspartner SPD ist man da ein klein wenig kritischer, will aber die Anregungen der CDU trotzdem aufgreifen. Wieso auch nicht. Schließlich haben sich Sozialdemokraten bisher stets gerne mit eingeworbener Unterstützung aus der Wirtschaft gebrüstet. Z.B. mit den "Spenden zweier bedeutender Automobilhersteller aus Bayern und Baden-Württemberg für die Fachklassenausstattung der KfZ-Bereiche", auf die SPD-Sprecher Henning Höppner in der Landtagsdebatte nicht vergaß, hinzuweisen. Auf den Gedanken, dass man die Industrie ja auch dafür besteuern könnte, dass man ihr den Nachwuchs ausbildet, scheint heutzutage kein Sozialdemokrat mehr zu kommen.

Einzig bei der Partei der dänischen Minderheit, dem SSW, war man deutlich skeptisch: "Dem Schulsponsoring müssen enge Grenzen gesetzt werden, die Schule bleibt gesellschaftliche Aufgabe", so Fraktionsvorsitzende Anke Spoorendonk. Es sei "ungemein wichtig" für die Zukunft des öffentlichen Schulwesens, dass die private Finanzierung nicht überhand nimmt. Es bestünde die Gefahr, dass es demnächst Schulen erster und zweiter Klasse gibt, sollten die Schulen von privaten Spenden abhängig werden.

"Dennoch haben wir heute in Schleswig-Holstein eine Situation, wo Spenden an Schulen schon eine gewisse Rolle spielen. Viele Schulen sind besonders bei der Anschaffung von neuen Computern auf Spender angewiesen", so Spoorendonk, die gleichzeitig darauf hinweist, dass bei den Computer-Geschenken die Folgekosten zumeist vollkommen übersehen werden.

Allerdings sieht man auch beim SSW Regelungsbedarf. Es gebe "eine Art von Grauzone." Doch dürfe man nicht zulassen, dass "in diesem sensiblen Bereich eine Grenze überschritten wird."

Der Gesetzentwurf wird im Bildungsausschuss des Landtags weiter diskutiert.

(wop)

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