Betrieb und Gewerkschaft

Das Aus für Berufsunfähigkeitsrenten

Am 16.11.2000 hat der Deutsche Bundestag ein Gesetz zur "Reform" der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit verabschiedet. Die Neuregelungen sollen den längeren Rentenlaufzeiten bei einer künftig weiter steigenden Lebenserwartung und der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt (weitere hohe Arbeitslosigkeit) Rechnung tragen.

Das bisherige System der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, das zwischen Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten unterscheidet, wird durch eine abgestufte Rente wegen Erwerbsminderung abgelöst. Dabei wird zwischen teilweiser und voller Erwerbsminderung unterschieden. Verschlechtern wird sich auch die Altersrente wegen Schwerbehinderung und Maßnahmen zur Rehabilitation. Das Gesetz enthält Übergangs- und Vertrauensschutzregelungen. Versicherte, die am 31.12.2000 bereits Anspruch auf eine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit hatten, sind von der Neuregelung nicht betroffen.

Ab dem 01.01.2001 erhalten gesetzlich Versicherte unter 40 Jahren bei "Berufsunfähigkeit" lediglich eine Erwerbsminderungsrente. Diese Rente ist abhängig von der ärztlich festgestellten "Leistungsfähigkeit". Die volle Erwerbsminderungsrente erhält nur, wer weniger als drei Stunden arbeiten kann. Die halbe Erwerbsminderungsrente erhält, wer zwischen drei und sechs Stunden täglich arbeiten kann und wer mindestens sechs Stunden täglich arbeiten kann, erhält keine Erwerbsminderungsrente.

Liegt Arbeitslosigkeit vor und gilt der Arbeitsmarkt für die Vermittlung einerTeilzeittätigkeit als verschlossen, wird in diesem Ausnahmefall eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt. Im Gegensatz zur bisherigen Praxis kommt es bei der abgestuften Rente wegen Erwerbsminderung auf einen erreichten beruflichen Status nicht mehr an. Die Prüfung, ob eine zumutbare Tätigkeit (so g. Verweisungstätigkeit) mit ähnlichen beruflichen Anforderungen verrichtet werden kann, entfällt. D.h. jede Tätigkeit ist denkbar, denn künftig gilt als einziges Kriterium, dass überhaupt noch eine "Tätigkeit" möglich ist. Einen "Berufsschutz" gibt es, abgesehen von der Vertrauensschutzregelung für vor dem 02.01. 1961 Geborene, nicht mehr.

Ca. 36 Millionen gesetzlich Versicherte stehen derzeit 2,2 Millionen FrührentnerInnen gegenüber. Jede(r) fünfte Angestellte und jede(r) dritte ArbeiterIn, Jahr für Jahr über 200.000 KollegInnen, scheiden vor dem Erreichen des Rentenalters wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit aus dem Arbeitsleben aus. Damit wird auch die Berufs- und Erwerbsunfähigkeit, dank SPD und Bündnisgrünen, zunehmend zum privaten Risiko und wer sich entsprechende private Zusatzversicherungen nicht leisten kann, gerät schnell ins soziale Abseits.

(hg)

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