Frauen

Randbemerkungen zum Internationalen Frauentag

Das Frauenbündnis Kiel präsentierte Vielfalt gegen Rechts. "Das demokratische Deutschland hat Flagge gezeigt" heißt es am 10.11.2000 in den Kieler Nachrichten, "die Bürger befolgten den Aufruf zur ‘Staatsdemonstration’ auf beeindruckende Weise". Ganz ernsthaft ist seither überall vom Aufstand der Anständigen die Rede. Auch im Frauenbündnis Kiel wurde bereits im Spätsommer das Bedürfnis angemeldet, sich deutlich gegen Rechtsextremismus und "Ausländerfeindlichkeit" zu artikulieren. So kam es, dass die inhaltliche Vorbereitung des diesjährigen Internationalen Frauentags unter dem Arbeitstitel "Frauenkulturtage" schließlich zu dem Motto "Vielfalt gegen Rechts" führte.

Der Weg dahin war nicht widerspruchsfrei und das "gegen Rechts" im Titel der Veranstaltungsreihe ist dabei strittig geblieben, weil - wie eine relativ etablierte Minderheit es ausdrückte - "sich damit Frauen ausgegrenzt fühlen könnten, die wir doch auch erreichen wollten". Auch dass der Gebrauch des Begriffs "Ausländer", wie z.B. bei aufrichtig gemeinter Distanzierung von "Ausländerfeindlichkeit", rechtslastig ist, war für einige Bündnisfrauen ein Novum. Die hier angesprochene Minderheit wäre lieber beim unverbindlicheren Arbeitstitel "Frauenkulturtage" geblieben, hätte gerne Alice Schwarzer eingeladen und schlug schließlich ersatzweise "Vielfalt gegen Diskriminierung" vor. Das ist ein Dissens, der nicht weiter überrascht, denn das Frauenbündnis Kiel steht über alle möglichen parteipolitischen und religiösen Gegensätze hinweg allen Gruppen und Einzelfrauen offen, deren Ziel es ist "politische Entscheidungen im Interesse von Frauen zu beeinflussen".

Aber trotz überwiegender Unverbindlichkeit außerhalb des Mann/Frau-Gegensatzes positioniert sich dies Frauenbündnis in einer als Faltblatt verbreiteten Veröffentlichung mit dem Titel "Das Frauenbündnis stellt sich vor" vom Mai 2000 ausdrücklich gegen Rassismus und bekundet u.a. sich "für Migrantinnen in Kiel" einzusetzen. So verstand es sich fast schon von selbst, dass die zentrale Veranstaltung der Reihe am 8. März von TIO (Treff- & Informationsort für Migrantinnen e.V.) ausgerichtet wurde, um den traditionell internationalen Charakter dieses Frauentages zu würdigen. Nachdem die städtische Bürokratie den Veranstalterinnen das neue Kulturforum der Stadt verweigert hatte, was von uns als Diskriminierung aufgefasst und kritisiert wurde, stellte sie den Ratssaal zur Verfügung (für eine festliche Atmosphäre taugen beide Räume nicht, aber für einen angemesseneren Rahmen fehlte schlicht das Geld).

Unter dem Titel "ALLTÄGLICHER RASSISMUS UND WIDERSTAND referierte Jae Son Joo-Schauen von AGISRA (Arbeitsgemeinschaft gegen internationale sexuelle und rassistische Ausbeutung) e.V. in Köln. Ebenfalls gegen den hierzulande grassierenden latenten Rassismus richteten sich die Veranstaltungen "Blue eyed" vom Frauentreff Mettenhof und "Lesben in anderen Ländern und als Migrantinnen hier" von Frau KuKo. Letztere hatte, wie der Titel schon sagt, neben der Bejahung von Migration noch das besondere Reizthema von Nazis alter und neuer Couleur, die lesbische Lebensweise zum Inhalt. Und bei dieser Thematik könnte frau sich im Bündnis ja tatsächlich darüber streiten, ob und wie weit bloss Frau zu sein politisch überhaupt tragfähig ist, und wo für uns jenes Rechtssein beginnt, gegen das sich die Vielfalt zum Internationalen Frauentag richten wollte. So sei hier daran erinnert, dass das Frauenbündnis sich einerseits ausdrücklich für die "Entfaltung von Frauen- und Lesbenkultur" einsetzt (siehe o.g. Faltblatt), es andererseits aber kritiklos hinnimmt, wenn eine CDU-Ratsfrau sich dafür stark macht, dass "keine Gelder aus der Stadtkasse für Projekte mit lesbischen Frauen" ausgegeben werden.

Einen weiteren inhaltlichen Schwerpunkt gegen Rechts setzte die Veranstaltung der Initiative Autonom leben, die sich gegen latente sowie medizinisch-technisch fortschreitende Behindertenfeindlichkeit richtete. Sie war m.E. am phantasievollsten und anregendsten ausgestaltet, aber leider nicht entsprechend zahlreich besucht. Übrigens sei hier gleich noch kritisch angemerkt, dass frau im oben genannten Faltblatt des Frauenbündnisses vergeblich nach dem Engagement für Mädchen und Frauen mit Behinderungen sucht.Immerhin, im Gegensatz zum vergangenen Jahr, gab es in Kiel wieder einen Internationalen Frauentag.

Dass das Frauenbündnis und die DGB-Frauen ihre Aktionen diesmal getrennt voneinander vorbereiteten und durchführten, soll im nächsten Jahr nicht wieder vorkommen. Und zu wünschen bleibt außerdem, dass frau sich dann auch wieder mehr als diesmal herausnimmt, d.h. mehr fordert als Quotierungen, Antidiskriminierungsgesetze, Erfüllung des Verfassungsauftrags und Kindererziehung zu Toleranz. Das Frauenfest am 9.März war ein voller Erfolg. Am Nachmittag faszinierte die Gruppe Ludmilla Rabenstein ca. 30 Kinder, so dass die Mütter Zeit zum Klönen fanden. Am Abend lockten das Frauentrio "Die Taktlosen" mit Klezmer-Musik, sowie eine bestens aufgelegte internationale Frauendisco mehr als 150 Frauen in die Räucherei.

(Eva Dockerill, Frauenbündnis Kiel) Band Die Taktlosen

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