Kommentar

Masse statt Klasse?

Jetzt ist es endlich soweit, der Zusammenschluss der fünf Einzelgewerkschaften zur ver.di Dienstleistungsgewerkschaft ist beschlossene Sache. Ca. drei Jahre hat das teilwese peinliche Gerangel um Einfluss, Macht und Posten gedauert. Ver.di gönnt sich einen neunzehnköpfigen Vorstand und als Chef der "Supergewerkschaft" wurde der BündnisGrüne Frank Bsirske gewählt, der noch Mitglied einer Partei ist, die mit ArbeitnehmerInneninteressen wenig bis nichts am Hut hat. Ver.di ist mit seinen 1,9 Mio. Mitgliedern die größte Gewerkschaft der Welt. Da insgesamt ca. 1000 unterschiedliche Berufe vertreten sind, wird es sich zeigen inwieweit sich Idendifikation und Solidarität entwickeln.

Da Fusionen, wie in der Wirtschaft und das nicht ungewollt, sogenannte Synergieeffekte mit sich bringen, werden in den nächsten Jahren sicherlich viele MitarbeiterInnen der ehemaligen Einzelgewerkschaften, natürlich sozialverträglich, ihren Arbeitsplatz verlieren. Positiv ist sicherlich die Überwindung der Spaltung im Angestelltenbereich, insbesondere unter den HBV- und DAG-KollegInnen. Ver.di kann auch, wenn die Inhalte stimmen, eine große Chance für die Gewerkschaftsbewegung sein.

Allerdings war bei der Grundsatzrede Bsirskes davon wenig zu finden. Offensichtlich will ver.di im Bündnis für Arbeit verbleiben, obwohl die HBV und die IG Medien den Ausstieg bereits beschlossen hatten. Auch bei der "Rentenreform" wurde nur die Absenkung des Rentenniveaus und die fehlende eigenständige Absicherung der Frauen kritisiert, die Teilprivatisierungen der Sozialversicherungssysteme war leider kein Thema. Auch die Feststellung, dass Lohnverzicht keine Arbeitsplätze schafft, wurde im nächsten Satz sofort relativiert, da angeblich im "Lichte einer stockenden Konjunktur die Lohnforderungen überdacht werden müssen".

Auch bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist einer der wichtigsten Forderungen nach Arbeitszeitverküzungen unter den Tisch gefallen. Statt zehn Millionen teurer Imagekampagnen sollten sich alle Gewerkschaften wieder auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren und zurückfinden zu der einseitigen und konsequenten Interessenvertretung der ArbeitnehmerInnen, denn nur so kann der Mitgliederschwund überwunden und neue Gewerkschaftsmitglieder gewonnen werden.

(hg)

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