Anti-Atom

Castor-Transport:

Vielfältiger Protest

Wenn diese Ausgabe im Druck ist, rollt der Castor ins Wendland und wird dort auf massive Proteste stoßen. Bereits am letzten Wochenende gab es zahlreiche Aktionen und Demonstrationen gegen den Transport. Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg berichtet auf ihrer homepage, dass die Zahl der Teilnehmer in etwa dem der Aktionen beim letzten Transport vor vier Jahren entsprach.

Im stärkeren Ausmaß als vor vier Jahren gab es diesmal auch weit entfernt vom Wendland Aktionen und Demonstrationen. In Kehl, Strasbourgs kleinem deutschen Nachbarn, gab es am Samstag eine deutsch-französische Demonstration, an der nach Angaben der Veranstalter 1500 Menschen teilnahmen. In Wörth, in der Nähe von Karlsruhe, gibt es ein Protestcamp, von dem aus am Sonntag ein Schienenspaziergang mit 200 Teilnehmern organisiert wurde. Montagfrüh wurde am AKW Krümmel der Schichtwechsel für eine halbe Stunde blockiert. Die Polizei war offensichtlich von der Aktion überrascht. Die Blockade wurde freiwillig aufgelöst. "Vieles ist möglich", kommentiert ein Teilnehmer auf der homepage des Unabhängigen Medienzentrums. Letzteres feiert mit den Aktionen in Gorleben übrigens Premiere. Wer Internet-Zugang hat, sollte unbedingt mal vorbeischauen.

Zum Auftakt der Aktionen in der Region gab es am Samstag eine Demonstration in Lüneburg, an der laut BI 15000 Menschen teilnahmen. Auf Phönix wurde ausführlich live übertragen, doch die Rede eines Autonomen ausgeblendet, weil zu Straftaten aufgerufen werde. Pech nur, dass die meisten Teilnehmer, denen statt dessen das Mikro unter die Nase gehalten wurde, sich nicht distanzieren mochten.

2000 bis 3000 Menschen sind nach Einschätzung der BI in der Region "hängen geblieben", um sich an den weiteren Aktionen zu beteiligen. Einige der vorgesehenen Camps wurden von der Polizei geräumt, allerdings konnten die Auswärtigen mit überwältigender Solidarität der Ansässigen rechnen: Mehrere Kirchen boten Asyl an, zahlreiche Privatquartiere wurden über eine Bettenbörse vermittelt und in Dannenberg haben Schüler eine Turnhalle besetzt, um sie für die Unterbringung zur Verfügung zu stellen. In Gusborn wars hingegen gleich die ganze Schule, die die Schüler kurzer Hand übernommen haben.

Am Sonntag gab es die traditionelle Stunk-Parade, an der sich 300 bis 500 Trecker beteiligten. 10 Kilometer soll der Zug lang gewesen sein, der das Zwischenlager umrundete. Hier hatte auch die neue Vorsitzende der Grünen Claudia Roth einen kurzen Presseauftritt, musste aber schon bald vor unfreundlichen Atomkraftgegnern die Flucht in den Wald ergreifen.

Am Rande der Demonstration kam es zu einem schweren Zwischenfall, als ein PKW gezielt in die Menge fuhr. Am Steuer saß nach Angaben verschiedener Augenzeugen ein Angehöriger der rechten Szene aus Dannenberg, im Auto sei eine Reichskriegsflagge deutlich zu sehen gewesen. "Der Golf-Fahrer erfasste eine Frau, stoppte kurz, gab Gas und fuhr über sie hinweg", heißt es in einer Pressemitteilung. Der Frau wurde ein Knöchel gebrochen. Auch ein Kind wurde von dem Wagen erfasst, blieb jedoch unverletzt. "Wir sind schockiert, dass unter den Augen der vielen Polizisten eine solche Straftat begangen werden konnte. Noch schlimmer ist es, dass der Gruppenführer vor Ort den Polizisten, die spontan auf die Situation zuliefen, befahl, ihre Position nicht zu verlassen", meint die BI-Vorsitzende Edelgard Gräfer. "Die Atomkraftgegner werden als potentielle Gewalttäter betrachtet, die Gewaltbereitschaft der rechten Szene aber wird ignoriert. Bereits 1997 hatte es im Zusammenhang mit den Anti-Castor-Protesten einen Messerangriff von stadtbekannten Neonazis gegen Demonstranten gegeben, die Täter wurden nach der Personalienfeststellung am gleichen Tag noch auf freien Fuß gesetzt", erinnert BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.

(wop) Weitere Infos: www.bi-luechow-dannenberg.de, www.antiatom.de

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