Ratssplitter

Die Frauenbeauftragte der Stadt hat ihren Jahresbericht vorgelegt, und pflichtgemäß debattierte die Ratsversammlung ein wenig darüber. Gelesen hatten ihn offensichtlich nicht alle; mancher hatte sich wohl etwas vergriffen. OB Gansel jedenfalls arbeitete sich lang und breit an Kritikpunkten (natürlich alle vollkommen haltlos) vom Vorjahr ab. Außerdem haben wir ja auch ganz andere Sorgen, nicht wahr? Schließlich, so Gansel, gebe es beim Nachwuchs in der Verwaltung so viele Frauen, "dass wir eines Tages einen Männerbeauftragten werden einstellen müssen."

Es ging noch schlimmer. Zum nächsten Tagesordnungspunkt - es ging um irgendwelche Straßenquerungen - leitete der Antragsteller von der CDU mit den Worten über: "Wir kommen jetzt wieder zu den handfesten Sachen." Es schloss sich eine lange und engagiert geführte Debatte unter den "lieben Toiletten-Kollegen" (Tovar, SPD) über öffentliche WCs an, denn "seine Notdurft kann man eben nicht in Vorlagen verrichten" (Kottek, SUK).

Bei soviel geistigen Höhenflügen durfte das Lieblingsthema der Ratsherren und -damen nicht fehlen: die Marine. Noch sind sie nicht einmal bestellt, da hat die CDU schon Angst, wir könnten keinen abbekommen, von den neuen Einsatztruppen-Ünterstützungsschiffen, über die die Bundesregierung gerade nachdenkt. Die SPD hat ebenfalls Angst, gibt aber zu bedenken, dass wir auch noch ein paar Hubschrauber brauchen. Die Abstimmung verlief wie üblich: Gegen die Stimmen der Grünen schickte der Rat einen Bettelbrief um mehr Mordwerkzeug nach Berlin.

Die Grünen dachten sich, bei dem ganze Gerede vom "Aufstand der Anständigen" könnten vielleicht mal Nägel mit Köpfen gemacht werden. Der OB sollte beauftragt werden, den Rat "umgehend" zu informieren, "wenn die NPD oder andere rechtsextremistische Parteien und Organisationen die Genehmigung von Infoständen oder Veranstaltungen beantragen oder öffentliche Demonstrationen anzeigen." Das ist, wer hätte das gedacht, "Verfassungsbruch" (Kottek, SUK). Wenn schon, dann müsse gegen alle "antidemokratischen Elemente" (Wulff, CDU) vorgegangen werden, bzw. "gegen alle radikalen Tendenzen" (Lindner, SPD). Im übrigen "werden die Rechten mit solchen Anträgen salonfähig gemacht" (Kottek, SUK). Mit anderen Worten, die Ratsversammlung will es nicht so genau wissen, wenn rechte Terroristen in der Stadt ihr Unwesen treiben, und lehnte daher den Antrag der Grünen ab.

Sparen heißt jetzt Optimieren, konnte von Stadtrat Klein-Knott gelernt werden, und Optimieren heißt wiederum, das zu machen, was politisch opportun ist. Deshalb, so Klein-Knott auf Forderungen, bei Vergabe von Aufträgen an Private die Wirtschaftlichkeit zu überprüfen, ist letzteres "absolut unsinnig". Nachher kommt womöglich noch heraus, dass sich Privatisierung fürs Stadtsäckel gar nicht rechnet.

Privatisieren oder doch zumindest gewinnbringend abstoßen würde die CDU offensichtlich gerne die Pumpe und hat sich daher bei der Verwaltung in einer Anfrage nach den vertraglichen Bindungen und dem Verkehrswert der Liegenschaft erkundigt. Auch wollte man gerne wissen, wir man das Gebäude denn sonst "kommerziell oder kulturell" nutzen könnte.

(wop)

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