Ökologie

Gentechnik:

Privatisierte Natur

Ein kanadische Bundesgericht verurteilte Ende März den Bauern Percy Schmeiser zur Zahlung von Schadensersatz an den Saatgut-Konzern Monsanto, weil er auf seinen Feldern dessen Roundup-Ready-Raps angebaut hatte ohne dafür zu bezahlen. Der Haken: Schmeiser hatte nie Saatgut von Monsanto oder einem anderen erworben, sondern das getan, was er seit 50 Jahren gewohnt war zu tun: Er hatte einen Teil der Vorjahresernte ausgesät.

Der Landwirt, der seinen Hof in der Nähe von Saskatoon auf der kanadischen Prärie in der fünften Generation betreibt, beharrt darauf, dass seine Ernte durch Pollenflug verunreinigt wurde. Monsanto hatte das zunächst bestritten, doch das Gericht hielt diesen Aspekt offensichtlich für unwesentlich. Entscheidend sei, dass Schmeiser Monsantos Rechte verletzt habe, indem er Raps ausgesät hat, in dem zumindest zum Teil das Gen enthalten war, auf das der Konzern ein Patent hält. Das Gericht verurteilte ihn daher dazu, Lizenzgebühren in Höhe von rund 22000 DM sowie bis zu 160000 DM von dem Ertrag der Ernte an Monsanto zu zahlen. Außerdem darf er die Ernte von seinem Feld nicht mehr als Saatgut verwenden. Das Gericht wies ausdrücklich darauf hin, dass es auch unerheblich ist, ob der Beklagte von der gentechnischen Veränderung profitiert hatte, was nicht der Fall gewesen war.

"Es ist empörend", kommentiert Charles Margulis, Gentechnik-Experte bei Greenpeace Kanada, "dass Bauern auch noch gezwungen werden zu zahlen, wenn ihre Ernte ungewollt durch Pollen von Gentechnik-Produkten verschmutzt wird." Auch eine Sprecherin der Nationalen Bauern Union der USA, die 300.000 zumeist kleinere Höfe vertritt, zeigte sich besorgt über die Konsequenzen des Urteils. In den USA sind zahlreiche ähnlich gelagerte Verfahren anhängig, doch der Schmeiser-Fall war der erste in Nordamerika, der entschieden wurde.

Monsantos Roundup-Ready-Raps ist resistent gegen das gleichnamige Total-Herbizid. Bei Kauf des Saatguts verpflichten sich die Bauern nur auf einer vertraglich vereinbarten Fläche auszusäen, für die sie in Abhängigkeit der Größe eine zusätzliche Gebühr entrichten. Außerdem dürfen sie von der Ernte kein Saatgut für das nächste Jahr zurückhalten oder an Dritte weitergeben. Schließlich müssen sie sich einverstanden erklären, das dazugehörige Herbizid nur bei Monsanto zu kaufen, was besonders vorteilhaft für den Konzern ist, da das Patent auf das Unkrautvernichtungsmittel bereits abgelaufen ist. Der Saatgut-Hersteller schickt regelmäßig Inspektoren aus, die überprüfen, ob sich die Bauern an die Flächenbegrenzung halten und fordert seine Kunden offensiv auf, Nachbarn zu melden, die sie im Verdacht haben, Monsanto-Produkte ohne Lizenz anzubauen.

Auf die Anzeige eines missgünstigen Nachbarn geht vermutlich auch Percy Schmeisers Unglück zurück. Monsantos Inspekteure waren 1998 auf ihn aufmerksam geworden und hatten ohne seine Erlaubnis Proben von seinem Feld genommen. Zunächst behaupteten sie, der angebaute Raps bestünde zu über 90% aus Roundup-Ready-Raps. Unabhängige Untersuchungen ergaben später jedoch, dass der Anteil deutlich niedriger war, wie verschiedene Agenturen übereinstimmend berichten.

Für den 70jährigen Schmeiser ist der verlorene Prozess auch ganz persönlich ein herber Schlag. Neben den bis zu 180.000 DM, die er an Monsanto zahlen muss, kommt die Neuinvestition in Saatgut hinzu. Außerdem hatte er Anwaltskosten von 60 bis 70.000 DM. "Der Prozess hat unsere Pension aufgefressen, für die wir unser ganzes Leben gearbeitet haben", so Schmeiser. "50 Jahre Arbeit sind zerstört, weil die gentechnisch veränderten Pollen Monsantos auf mein Feld geweht sind." In einer Presseerklärung des US-Konzerns heißt es unterdessen, dass das Urteil wichtig sei, "um weitere Forschung in Kanada zu ermöglichen, da wir nun wissen, dass unsere Rechte respektiert werden."

In Nordamerika sind gentechnisch veränderte Sorten außer beim Raps vor allem bei Mais, Baumwolle und Soja üblich. Nach Angaben US-Regierung wird in den Vereinigten Staaten in diesem Jahr die Aussaat gentechnisch veränderter Organismen weiter zunehmen, obwohl sich auch jenseits des Atlantiks bei den Verbrauchern Skepsis breit macht. 64% der angebauten Sojabohnen werden in diesem Jahr gentechnisch verändert sein, schätzt das US-Landwirtschaftsministerium. Im letzten Jahr waren es noch 54%. Beim Mais wird der Anteil vermutlich leicht um einen Prozentpunkt auf 24% zurückgehen, nachdem ein Skandal im letzten Jahr Verbraucher und Weiterverarbeiter verunsichert hatte. Eine aus den Gentechniklabors stammende Sorte namens StarLink, die nur für Futtermittel, nicht aber für den menschlichen Verzehr zugelassen ist, war in größeren Teilen der landesweiten Produktion gefunden worden, also auch in Beständen, die an Nahrungsmittelproduzenten verkauft werden sollten. Offenbar waren in vielen Anbauregionen die Ernten nicht sauber voneinander getrennt worden. Bei Baumwolle wird der Gentech-Anteil in diesem Jahr 64% betragen.

Ende März hatte das italienische Landwirtschaftsministerium 300 Tonnen Saatgut beschlagnahmt, die Monsanto importiert hatte, sowie die Einfuhrlizenz des US-Konzerns suspendiert. In Proben war gentechnisch verändertes Materials gefunden worden. Bei Monsanto hieß es dazu, das könnten höchstens kleine "zufällige" Mengen gewesen sein. Bei Verunreinigungen von bis zu 1% gehe man davon aus, dass es sich um konventionelles Saatgut handele. Die Behörden beharrten jedoch darauf, dass auch der Anbau kleiner Mengen verboten ist.

(wop)

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