auf & davon

Wieder hat die Aufrüstung an der Grenze Opfer gefordert. Auf der Flucht vor einer Polizeikontrolle kam in Sebnitz in Sachsen an der tschechischen Grenze ein Vietnamese ums Leben, vier weitere wurden verletzt. Als ein Polizist außer Dienst einen Kleinlaster kontrollieren wollte, der ihm wegen der ausländischen Insassen aufgefallen war, startete der Fahrer durch und flüchtete. Das Auto landete nach einer Verfolgungsjagd an einem Baum. Einige der vietnamesischen Mitfahrer sowie der tschechische Fahrer konnten noch fliehen. Alle wurden wenig später gefasst. Für einen kam jede Hilfe zu spät. Er stürzte in einen unter Wasser stehenden Steinbruch und ertrank.

Ein aus Deutschland abgeschobener Kurde starb bei einem erneuten Fluchtversuch aus der Türkei. A. Cevik war nach Ablehnung seine Asylantrages in der 2. Instanz am 3.12.1999 von Augsburg nach Istanbul abgeschoben worden. Nach Angaben seiner Eltern ist er nach seiner Rückkehr 20 Tage inhaftiert gewesen und gefoltert worden. Seine Leiche fand man, wie jetzt erst bekannt wurde, schon Ende März zerfetzt in einem Minenfeld an der griechisch-türkischen Grenze. Laut einer Presseerklärung von Pro Asyl vom 11.4.2001 sind an dieser militärisch gesicherten Landgrenze in den letzten zehn Jahren 29 Menschen durch die Minen ums Leben gekommen.

Cem Özdemir träumt von einem Einwanderungsministerium. Damit setzt Özdemir noch eins auf Schilys Pläne von einem Büro für Einwanderungsfragen drauf, angesiedelt beim bisherigen Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. Wahrscheinlich nicht ganz daneben liegt er mit seiner Befürchtung, dass Schily damit den drohenden Stellenabbau im Bundesamt wegen rückgängiger Asylbewerberzahlen auffangen möchte. Trotzdem erhielt Özdemir erstmal eine Abfuhr für seinen Vorschlag. Ein Einwanderungsministerium würde wahrscheinlich nicht viel an der Migrationspolitik ändern. Auffällig ist allerdings, dass dieses Thema in anderen europäischen Ländern schon lange eine eigene Behörde hat, während man sich hier bis jetzt schon dem Begriff Einwanderung verweigert hat. Özdemirs Interesse mag allerdings auch in eigener Sache liegen, denn wer wäre geeigneter als ein Einwanderer für ein solches Ministerium.

Eindeutig ein Hohn ist die Freude über das Einlenken der CSU in der Asylfrage. Ihre Bedingung für ein Festhalten am Asylrecht als Verfassungsrecht ist die Beschleunigung der Asylverfahren für die es schon seit 1993 keinen Spielraum mehr gibt, ohne das Asylrecht in seiner Substanz anzugreifen.

Die Hamburger Ärztekammer hat in einem Schreiben bescheinigt, dass die häufig praktizierten Methoden der Altersfeststellung in Ausländerbehörden ungeeignet seien. Bartwuchs oder Körpergröße seien keine aussagekräftigen Kriterien. Die Ausländerbehörden benutzen diese Methoden häufig, um alleinreisende Minderjährige älter zu machen, da sie ab 16 nicht mehr automatisch in die Zuständigkeit der Jugendpflege fallen, sondern im Rahmen des Asylverfahrens als Erwachsene gelten. Weitere Methoden sind die ebenfalls umstrittenen Handknochenuntersuchungen. Eine Fehleinschätzung hat jetzt ein 17-jähriger Tschetschene erfahren. Er wollte zu seiner in Hamburg mit einer Duldung lebenden Mutter fliehen und wurde ohne Papiere an der deutsch-polnischen Grenze von den Deutschen als Erwachsener zurückgeschoben. Jetzt sitzt er in Polen im Gefängnis. Dort hatte eine Handknochenuntersuchung ergeben, er sei Anfang 20. Durch Intervention des Anwalts seiner Mutter konnten Unterlagen vorgelegt werden, die das Gegenteil beweisen. Ob es ihn vor der Abschiebung bewahrt, ist noch offen.

(aw)

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