KERNspalte

Das war doch eine gar nicht üble Fortsetzung der Kampagne gegen Atomtransporte! Gegen den Castortransport von Philippsburg, Grafenrheinfeld und Biblis engagierten sich in Süddeutschland über 1.000 Menschen (für dortige Verhältnisse eine Massenerhebung), und sogar in Frankreich gab es am 11.04. drei Blockaden, die die Ankunft des Zuges in La Hague um einige Stunden verzögerten. Kurz vor Erscheinen dieser LinX, am Dienstag, dem 24.04. sollte die Atommüllflut fortgesetzt werden, von Neckarwestheim und Biblis nach Sellafield; im Übrigen ein höchst überflüssiger Transport, da auf dem AKW-Gelände Neckarwestheim genügend Stellplätze für eine Interimslagerung frei wären und eine Zwischenlagerhalle im Bau ist. Falls es diesmal wieder nur geringe Verzögerungen geben sollte, so liegt dies sicher auch daran, dass die Polizei in Baden-Württemberg rigoros gegen Blockierer vorgeht, d.h. sie schon beim ersten Kontakt einkesselt, verhaftet und später eine "Wegtragegebühr" erhebt (so geschehen letzte Woche gegen 30 Blockierer von Philippsburg). Für EnBW und RWE spielt es offenbar keine Rolle, dass die Betreiberfirma der WAA Sellafield, BNFL, in den letzten 12 Monaten schon mehrfach wegen Verstoß gegen die Sicherheitsbestimmungen von britischen Gerichten verurteilt wurde, zuletzt am 06.04. wegen Nichtregistrierung von Strahlenquellen zu 38.000 DM Geldstrafe, von denen eine schon letztes Jahr abhanden gekommen war, was damals 75.000 DM Strafe nach sich zog. Im Juni 2000 gab es 125.000 DM Strafe wegen eines Unfalls mit Salpetersäure.

Die russische Staatsduma hat inzwischen den Plänen zugestimmt, Atommüll aus dem Ausland in der Plutoniumfabrik Mayak aufzuarbeiten oder endzulagern, was bisher qua Gesetz verboten war. Außerdem freute sich Atomenergieminister Rumyantsev über die Einweihung des ersten AKW-Neubaus seit Tschernobyl nahe Rostov in Zentralrußland: "Unser Atomenergiesektor ist vielleicht einer der wenigen, auf dem wir einen hohen technischen Standard halten. Der Gesetzentwurf wird diesem Sektor helfen, zu überleben." Währenddessen wurde ein Reaktor in Smolensk wegen elektrischen Defekts abgeschaltet. Tschernobyl selbst, das zwar von russischem Standard, aber politisch inzwischen in der Ukraine ist, droht nach den Worten des ehemaligen Leiters der Anlage, Kupny, eine neue Katastrophe: "Die Hülle um den Katastrophenreaktor kann jeden Tag einstürzen", sagte er in einem Interview der Zeitschrift "Focus". Täglich trete Radioaktivität aus dem löchrigen Sarkophag, und was sich im Innern genau abspielt, wisse niemand. "Ehemaliger" Leiter ist Herr Kupny übrigens erst seit dem Abdruck des Interviews.

Die Brennelementefabrik der Cogema im südfranzösischen Cadarache muss wegen Erdbebengefahr im Jahr 2002 geschlossen werden. Bei einem stärkeren Beben, wie es z.B. im Jahr 1708 in dieser Region auftrat, würde Plutonium in die Atmosphäre freigesetzt, meint die Atomaufsichtsbehörde in Marseille. Bis zur Stilllegung sollen Erdbeben unterbleiben. In Cadarache stellen 320 Beschäftigte jährlich 45 to MOX-Brennelemente für deutsche AKWs her. Weitere 4.200 Beschäftigte arbeiten in anderen Teilen der Atomanlage, die schrittweise bis 2015 ganz aufgelöst werden soll. Die Produktion soll nach Marcoule verlegt werden.

Castor vor Gundremmingen

Dort wird wohl noch etwas schneller produziert werden müssen, wenn wahr wird, was die E.ON beim Bundesumweltministerium beantragt hat: Eine Leistungssteigerung für ihre Meiler Gundremmingen (2 Blöcke,siehe Bild oben), Isar 1 und Grafenrheinfeld in Bayern sowie Unterweser in Niedersachsen. Atomkonsenszampano Trittin soll schon ganz begeistert sein, denn da sich an den vereinbarten Gesamtstrommengen nichts ändert, bedeutet eine Leistungserhöhung gleichzeitig eine Laufzeitverkürzung. Noch schneller würde es gehen mit der Abschaltung, wenn alle linken Haushalte nur noch Atomstrom abonnieren und rund um die Uhr mit Strom heizen.

Seit dem 18.04. liefert Temelin wieder Strom (jedenfalls bis Redaktionsschluss); am selben Tag ist in einem japanischen AKW der Präfektur Shimane ein Brand ausgebrochen, ohne dass der 820-MW-Reaktor abgeschaltet wurde. Eine Woche zuvor hatten Kabel in zwei Reaktoren des ukrainischen Atomkraftwerks Rowno gebrannt - die wurden immerhin 3 Tage abgeschaltet. Hier soll mit EU-Unterstützung und westlicher Steuertechnik ein vierter Reaktorblock fertiggebaut werden, dessen Rohbau aber, genau wie die beiden angebrannten, sich an den bekannt hohen russischen Technik-Standards orientiert.

(BG)

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