Globalisierung

Quebec:

Demonstrationen gegen Freihandelszone

In vielen Städten Amerikas demonstrierten am 20. und 21. Zehntausende gegen ein Gipfeltreffen der amerikanischen Staats- und Regierungschefs. 33 Kollegen hatte Kanadas Premier Chrétien nach Quebec eingeladen, um über ein Abkommen zur Schaffung einer Freihandelszone von Alaska bis Feuerland (FTAA) zu debattieren. Die Verhandlungen laufen bereits seit 1994, doch gibt es immer noch große Uneinigkeit in Bezug auf Übergangsfristen und den Abbau von Subventionen. Besonders strittig ist unter den Regierungen vor allem der Agrarmarkt.

In Nordamerika hat man schon seit sieben Jahren Erfahrungen mit dem FTAA-Vorbild NAFTA sammeln können, das Mexiko, die USA und Kanada zu einem gemeinsamen Markt verbindet. Entsprechend groß war die Mobilisierung US-amerikanischer und kanadischer Gewerkschafter, Menschenrechtler, Frauenorganisationen und Umweltschützer. Rund 3000 von ihnen hatten in den Tagen vor dem offiziellen Treffen an einem Gegengipfel teilgenommen. Um Offenheit zu demonstrieren, hatte die kanadische Regierung diese Veranstaltung gesponsort. Die Übertragung einer Podiumsdiskussion zwischen den Gegnern und Regierungsvertretern hatte sie allerdings abgelehnt.

Als es ernst wurde, war allerdings von Dialog nichts mehr zu spüren. Die örtliche Polizei war durch Armee-Einheiten verstärkt worden, Konferenzzentrum und Innenstadt waren durch eine vier Kilometer lange "Mauer der Schande" abgeschirmt. Als jeweils etwa 2000 Demonstranten sowohl am 20. als auch am 21. versuchten, zum Tagungsort durchzudringen, wurden Wasserwerfer und Tränengas gegen sie eingesetzt. Der Beginn der Konferenz verzögerte sich um über eine Stunde und einige der am Rande vorgesehenen Treffen mussten abgesagt werden. Nach unterschiedlichen Angaben demonstrierten allein in Quebec am 21. 28 bis 38.000 Menschen gegen das Gipfel-Treffen.

Die Organisatoren der Proteste hatten die Stadt in unterschiedliche Zonen für die verschiedenen Demonstrationsformen unterteilt. Rot für die Militanten, die an beiden Tagen an verschiedenen Stellen den Zaun niederreißen konnten, Gelb für gewaltfreie Blockadeaktionen, Grün für jene, die nicht so viel riskieren wollten.

US-Präsident George Bush, selbst durch die umstrittensten Wahlen in der US-Geschichte ins Amt gekommen, nutzte die Gelegenheit um ein paar Propaganda-Salven gegen Kuba abzulassen. Auch für die Karibik-Insel, der einzige amerikanische Staat, der in Quebec nicht eingeladen war, werde "der Tag der Freiheit kommen". Kubas Präsident Fidel Castro ließ indes wissen, dass er den Kampf der Demonstranten in Quebec "gegen die Verbrechen an den wirtschaftlichen und politischen Rechten der lateinamerikanischen Nationen" bewundere.

Demonstrationen gab es auch an einigen Grenzübergängen zwischen Kanada und der USA, sowie in Städten wie Vancouver, Seattle, Buffalo, New Orleans, San Francisco, Saskatoon, Ontario, Montreal und Toronto und anderen. Im brasilianischen Sao Paolo kam es zu heftigen Zusammenstößen mit der Polizei, als 1500 bis 2000 Demonstranten auf der Avenida Paulista, der brasilianischen Wall Street, gegen das Freihandelsabkommen protetstierten. Nach Angaben des brasilianischen Unabhängigen Medienzentrums gab es eine dreistündige Straßenschlacht. In den USA beteiligenden sich Tausende an Demonstrationen und Happenings. In Blaine, in der Nähe von Seattle im US-Staat Washington demonstrierten 3000 Gewerkschafter und Umweltschützer. Auch die berühmten Longshoremen, die Gewerkschaft der Hafenarbeiter an der nordamerikanischen Westküste, beteiligt sich aktiv an der Mobilisierung gegen FTAA. "Wir fordern die Verantwortlichen in Quebec auf, die so genannte Freihandelspolitik aufzugeben und statt dessen eine Politik des fairen Handels einzuführen, die lokale wirtschaftliche Entwicklung fördert, mit anständigen Löhnen und fairen Arbeitsbedingungen für die Arbeiter, umweltfreundlicher nachhaltiger Produktion und interkulturellem Verständnis und Frieden zwischen den Handelspartnern", bringen sie die Forderungen der Freihandelsgegner auf den Punkt.

(wop)

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