Betrieb und Gewerkschaft

Grundsteinlegung im Fluss-Sand

Papiertiger für den Kriegsminister

Kriegsminister Scharping wurde zuerst informiert: Babcock Borsig AG, Thyssen Krupp Technologies AG und Thyssen Krupp AG haben am 26. April 2001 in einem Memorandum of Understanding (MoU) über die schon bestehenden Auftragskooperationen hinaus weitere Zusammenarbeit und Kapitalverpflechtung durch "angestrebte Überkreuzbeteiligungen" von 7,5% in 2001 auf 15% in 2002 angekündigt. Wer gibt welche Anteile ab, und wer hält oder bekommt die unternehmerische Führung? Diese Fragen bleiben der Spekulation überlassen. Oder findigen Juristen (die am Ende keinen Weg finden)? Tatsächliche Kapitalbewegungen zwischen den beiden Konzernen sind offensichtlich nicht beabsichtigt.

Beabsichtigt sind Geldbewegungen aus der Staatskasse zu fördern. Für die Umrüstung der Bundeswehr zur Interventions- und Angriffsarmee wird zusätzliches Geld gebraucht. Die zwei Mrd. DM Etatunterdeckung im "Verteidigungshaushalt" für bereits bestellte Flugzeuge, Raketen und Schiffe soll durch einen Kredit der "Kreditanstalt für Wiederaufbau" (KfW) ausgeglichen werden. Der rouge-olivgrünen Bundesregierung wird hier mit der Absichtserklärung geholfen: "Wir haben fertig!" melden die Babcock/Krupp-Konzernleitungen. Wie an der Börse werden Absichten und Erwartungen als Ergebnisse verkauft. Bundeskanzler Schröder und Scharping hatten im Herbst die für Heer und Marine tätigen Unternehmen zur Zusammenarbeit aufgefordert (vgl. LinX 7/01). 2,6 zusätzliche Milliarden fordert die militärische Führung für die weitere Aufrüstung der Bundeswehr schon heute für den "Angriffshaushalt" 2002, der mit 47 Mrd. DM geplant ist. Auch da hilft das MoU von Babcock und Thyssen. Kosteneinsparungen werden signalisiert!

"Babcock Borsig und Thyssen Krupp legen mit der Vereinbarung zugleich den Grundstein für eine europäische Werftenlösung."... Ein Steinwurf ins Flusswasser als Grundsteinlegung! Zum Wellenschlagen in der Presse hat es gereicht. Doch die europäische Werftenlösung wird sich ziehen. HDW hat allein mit der italienischen Fincantieri Werftengruppe in einem Letter of Intend (LoI) die Absicht zur Zusammenarbeit auch im nicht-militärischen Bereich bekundet. Mit der spanischen Werftengruppe IZAR (BASAN/ASEA) führt HDW Gespräche. Auch das wird sich ziehen. Die anstehenden Privatisierungen in Italien und Spanien gehen in der Regel nicht so flott über die Bühne wie in Deutschland. Nicht nur weil der Widerstand der Belegschaften und ihrer Gewerkschaften hier größer ist. Die strikte eigenstaatliche Rüstungsbeschaffungspolitik nicht nur Frankreichs wird aus dem deutschen Militärisch-Industriellen-Komlex sehr beklagt. Aussichtsreich scheint HDW bei der zur Privatisierung anstehenden Hellenic Shipyard zu bieten auch ohne die Thyssen Krupp Werften!

Das MoU "Babcock Borsig und Thyssen Krupp vereinbaren engere Zusammenarbeit ihrer Werften" ist ein Papiertiger für die Regierung. Damit Schröder, Fischer und Scharping behaupten können, sie haben den Tiger (maritime) Rüstungsindustrie an der Leine. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Rüstungsindustrie bekommt garantiert ihr "Futter". Scharping darf den Papiertiger (MoU) spazierenführen: Zustimmungsberechtigte Politiker werden beruhigt der Bezahlung der Rüstungsaufträge zustimmen.

In der Frage wer, wann und mit wem ist bei den Werften weiterhin alles im Fluss. Frankreich und Großbritannien stellen sich in der Frage der Zusammenschlüsse quer. Was eine EU-Lösung bei der Entwicklung und Anschaffung der neuen Fregattengeneration (F125) nicht ausschließen muss. Politisch und militärisch hat im letzten Jahrhundert oft die deutsch-italienisch-spanische Achse gestanden. Die maritime Aufrüstung Deutschlands könnte auf "Altbewährtem" aufbauen! Die IG Metall engagiert sich stark für einen europäischen Werftenverbund quasi an vorderster Front. In der Hoffnung, dass unter deutscher Führung andere Werften in Europa (oder Korea?) die Kapazitäten reduzieren oder geschlossen werden? (W. Jard)

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