global village

So schnell kann es gehen: Seit einige Monaten sieht die New Economy auf einmal ganz old aus. Steinalt sogar, und zwar nicht nur wegen purzelnder Börsenkurse, sondern weil es plötzlich mit der großen kreativen Familie vorbei ist und sich die Chefs als Chefs entpuppen. Und wie in jedem ganz normalen Alternativbetrieb erweist es sich, dass dort, wo man per Du ist, besonders übel geholzt wird. Dem Multimedia-Projekt von verdi, connexxav, rennen daher IT-Mitarbeiter die Türen ein, weil sie aufgenommen werden wollen oder Hilfe bei der Gründung eines Betriebsrats suchen. Das in dieser Kolumne bereits öfters erwähnte Mobileeinsatzkommando Software (www.mek-software. de) aus Dortmund vermeldet Gleiches und bietet unter der schönen Überschrift "mek-special für angehende Pleitiers und solche, die es werden wollen..." Rat.

Die Werbung für jeden erdenklichen Müll ist eine der Haupteinnahmequellen vieler Internetfirmen. Doch manchmal gefällt es großen Konzernen überhaupt nicht, was im Netz über sie zu lesen ist. So ließ z.B. Schell kürzlich die deutschen Internetseiten von Greenpeace () gerichtlich zensieren. Ähnlich empfindlich zeigt sich derzeit der französische Jogurthersteller Danone. Der ist wegen geplanter Werkstillegungen und Entlassungen derzeit nicht so beliebt, weshalb im Internet zum Boxkott aufgerufen wird. Per Gericht ließ Danone die homepage www.jeboycottedanone.com (Ich boykottiere Danone) sperren. Kurze Zeit darauf tauchte allerdings www.jeboycottedanone.net auf. Auch der deutsche Callcenterbetreiber ISI mag sich nicht gerne kritisieren lassen: Er erwirkte eine Verfügung - die sich in diesem Falle gegen den Provider www.free.de richtet - sodass die "miese Bude" nicht mehr als solche bezeichnet und auch nicht erwähnt werden darf, daß es dort "Scheißjobs" gibt.

Auch in Kiel entdecken Initiativen das Internet. Während König Norbert versucht, sich vor Einwohnerversammlungen zu drücken, informiert die BI Lebensqualität Ostufer (LEO) längst im Netz der Netze über die Pläne der Asphaltfreunde im Rathaus. Mit kleinen Karten wird demonstriert, wie auch noch die letzten Kleingärten in Gaarden, Wellingdorf und Ellerbek platt gemacht werden sollen. Neben einer neuen Straße parallel zum Ostring ist auch die Verlängerung der Wischhofstraße nach Klausdorf im Gespräch.

Der Bundestag hat Mitte Mai ein neues Lauschgesetz verabschiedet, das das Schnüffeln in Emails endlich auf eine gesetzliche Grundlage stellt. Die PDS hatte in letzter Minute noch eine öffentliche Anhörung verlangt, die großen Parteien lehnten jedoch ab. Die Grünen enthielten sich in der Verfahrensfrage, hoben aber fürs Lauschen brav das Pfötchen. Der Republikanische Anwaltsverein und die Humanistische Union protestierten, ansonsten aber scheint die liberale Öffentlichkeit endgültig ein Fossil längst vergangener Zeiten.

Zur Politik des großen Software-Monopolisten Microsoft gehört es, den so genannten Quellcode seiner Programme nicht zu veröffentlichen. Die Nutzer, auch die Programmierer unter ihnen, können daher nie so genau nachvollziehen, was auf ihrem Rechner passiert. U.a. wird Schnüffelei aus dem Internet Tür und Tor geöffnet. Der Landesdatenschutzbeauftragte rät daher den Behörden, Software zu verwenden, bei der der Programmcode bekannt ist. Die Landesregierung hatte allerdings erst kürzlich die Einführung solcher Programme abgelehnt, die zudem erheblich billiger gewesen wären. (wop)

LinX-Startseite