Kommentar

Wes Brot ich ess',

des Lied ich sing'

Die Redaktion der Süddeutschen Zeitung (SZ) hatte wohl nicht aufgepasst, wer ihr größter Kunde ist, als sie sich im März in einem Bericht über den Streik vom Cockpit zu der revolutionären Behauptung verstieg, "[die Piloten] wollen ein größeres Stück vom Kuchen haben, [denn] sie haben unbestritten durch Mäßigung in der zurückliegenden Zeit die Gesundung der Fluggesellschaft mit bewirkt". Die Lufthansa - Chefetage machte sogleich "atmosphärische Störungen" aus und kündigte rund die Hälfte der Bord-Abos - bei einer täglichen Abnahme von 20.000 Exemplaren und einer SZ-Gesamtauflage von 400.000 Stück nicht leicht zu verschmerzen.

Nun würde der Vorfall niemanden so recht vom Hocker reißen - dass es mit der Pressefreiheit in diesem Land breitflächig hapert, ist wohl nicht nur unter linken Hardlinern Konsens, außerdem hatte die LH schon im vergangenen Jahr an der Financial Times ein Exempel statuiert und diese nach einem lau-kritischen Artikel für einen Tag komplett (15.000 Exemplare) aus den Flugzeugen verbannt. Das eigentlich Bedenkliche ist, dass eine Münchner Journalistin diese Geschichte mehreren Deutschen Zeitungen (darunter der Frankfurter Rundschau) anbot, nach anfänglichem Interesse war aber niemand zum Abdruck bereit. Die Story brachte letztlich der britische "Guardian" - es wird keinen wundern, dass diese Zeitung nicht in den LH-Flugzeugen ausliegt.

Eklig war die Reaktion der Tageszeitungen, die sich zuvor ihrer Pflicht zur Berichterstattung verweigert hatten: Nach der Veröffentlichung des "Guardian" tat die FR, als wisse sie von nichts: "Wie am Montag durch die englische Tageszeitung The Guardian bekannt wurde..." leitete sie ihren Artikel zur Abstrafung der Münchner Konkurrenz durch die Fluggesellschaft ein. Einen Tag später berichteten die "Tagesthemen" als Aufmacher über den Konflikt. Namentlich wurde auch über die Rolle der FR berichtet. Am nächsten Erscheinungstag der Rundschau suchte man vergeblich nach einer Entschuldigung der Zeitung. Lediglich eine großflächige Anzeige der Lufthansa war nicht zu übersehen.

Nicht nur wegen deren Mitwirkung bei den Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber (siehe auch "Global Village" in dieser Ausgabe der LinX), sondern auch wegen ihrer Möglichkeit, alle wichtigen deutschen (Print-)Medien gleichzuschalten, sollte die Linke Öffentlichkeit dem Unternehmen in Zukunft mehr Aufmerksamkeit angedeihen lassen. (mk)

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