Grüße vom Kuckuck

Sehr geehrter Herr Zimmermann,

haben Sie wirklich bei der Schlüsselübergabe des web campus das gesagt, was am 15.6.2001 in den Kieler Nachrichten gestanden hat, dass nämlich dieser "nicht nur eines der schönsten Gebäude Kiels, sondern auch die schnellste Baustelle der Stadt gewesen (sei)"? Das wäre dann tatsächlich das, was Wirtschaftsminister Rohwer beim selben Anlass die "für die Branche typische Geschwindigkeit" genannt hat, richtiger wohl als die typische Aufgeblasenheit zu bezeichnen ist.

Nun will ich mich mit Ihnen nicht über schnelle Autos, Eisenbahnen oder Baustellen streiten. Das Gebäude selbst steht leider noch und wird wohl eine ähnlich lange Lebensdauer haben, wie das an den Bahnhof angepappte und ihn verstellende CAP, und den sterblichen Erdenmenschen für längere Zeit den Blick auf das versperren, was die 260 bei ision und ohltec Beschäftigten von ihren Schreibtischen aus wohl auch nicht genießen dürfen. Denn die sollen, so will es jedenfalls der OB Gansel, schließlich dafür sorgen, dass seine Stadt "nicht nur mit dem Segeln auf der Förde (...), sondern auch an Land mit dem Surfen im Internet (die Numero eins)" wird.

Von Ihnen als Bauherr, verehrter Herr Zimmermann, erwartet man natürlich, dass Sie Ihren Bau preisen. Ihrem Geschmack jedoch merkt man die kurze Bauzeit, die wohl noch kürzere Planungszeit und bescheidenen Baukosten an. Denn das, was Sie als "eines der schönsten Gebäude Kiels" bezeichnen, ist nichts anderes als die beliebige und geläufige Zusammenfügung von durch Computerprogramme angebotene Bausätze und Materialien – architektonischer Schrott mit dem biederen Charme einer Stadtsparkasse, die Weltoffenheit vorzuspiegeln versucht. Dazu passt die besonders für Kiel originelle maritime Symbolik eines, wie es in den KN heißt, im Wind killenden Segels. Herzlichen Glückwunsch.

Warum haben Sie und Ihre Architekten nicht einmal den Blick über Ihre linken Schultern hinweg auf den Fördetower gerichtet, anstatt ständig aufs CAP zu glotzen? Dieses in ein schwieriges Ensemble aus markantem Brückenbogen, maroden Bahnanlagen und festungsartig angelegter Versicherung eingefügte Gebäude, das trotz seiner Schwere über den Gleisen zu schweben scheint und in seinen Fassaden das Sonnenlicht in unzähligen Nuancen spiegelt, das dazu einlädt nicht nur hinein, sondern durch es hindurch zu schauen, ließ mich für die Hörnbebauung hoffen. Doch dann kamen Sie, und Ihrem Bau sieht man die Absicht an: schnelle Verwertung durch schnelle Rendite. Wenn diese Rechnung aufgeht, werden Sie Recht behalten haben. Dann war es für Sie tatsächlich eines der schönsten Gebäude der Stadt. Meine Zweifel daran sind begründet.

Deshalb verbleibe ich mit herzlichen Grüßen und dem aufrichtigen Wunsch, dass dieser Bau, zusammen mit dem Cap, eines nicht allzu fernen Tages und dann von den Kielerinnen und Kielern unbetrauert in der Hörn verschwindet.

Ihr Kuckuck

LinX-Startseite Inhaltsverzeichnis