Globalisierung

SyndikalistInnen aus Gävle:

Schuld liegt bei Polizei und Massenmedien

Gävle – Die Massenmedien und die Polizei schufen eine Stimmung, die zu den gewaltsamen Krawallen in Göteborg beitrug. Diesen Standpunkt vertraten SyndikalistInnen aus Gävle auf ihrer Pressekonferenz im Sue-Hill-Haus.

Sie kritisierten das Vorgehen der Polizei sehr scharf, u.a. im Zusammenhang mit den Ereignissen am Donnerstag im Hvidtfelska Gymnasium. Die SyndikalistInnen aus Gävle waren in der Schule untergebracht.

" Wir hatten gerade `eingecheckt´, bevor wir von der Polizei festgenommen wurden", sagte Per Pettersen, der nach acht Stunden freigelassen wurde. Von den ca. fünfzig Leuten, die mit den SyndikalistInnen aus Gävle nach Göteborg fuhren, wurden dreißig festgenommen und wegen gewaltsamer Umtriebe angeklagt: " Eine brutale Herangehensweise."

Per Petterson wurde nach acht Stunden freigelassen, während Johnn Nohrén und Maja Jönsson 30 Stunden in Polizeigewahrsam sitzen mussten. Die Polizei war äußerst brutal. Die Gewaltspirale drehte sich immer weiter. Die Polizei handelte als erstes, meinte Per Pettersen. Die Polizeiaktion gegen die Hvidtfelska-Schule wurde dadurch motiviert, dass man gewisse AktivistInnen verdächtigte, Waffen mit sich zu tragen. "Die einzigen Waffen, die ich sah, waren die Schusswaffen und Knüppel der Polizei", sagte Maja Jönsson, die Freitagnacht aus der Haft entlassen wurde.

Knüppelschlag gegen den Hals

Abe Bergegardh meinte, dass die Polizei auf den Einsatz von Hunden und Kampfausrüstung bei den Demos hätte verzichten können. Wenn junge Menschen auf Uniformierte treffen, die sich wie Dampframmen aufführen, verwundert es nicht, wenn Spannungen auftreten und Menschen aufgeregt sind und Angst haben. Er selbst wurde von einem Knüppel am Hals getroffen, als er vor den Absperrungen am Hvidtfelska Gymnasium stand. Per Petersson kritisierte auch die DemonstrantInnen, die Gewalt anwendeten: " Die Zerstörung der Avenyn verteidigen wir unter diesen Umständen nicht. Bis zu einem gewissen Punkt kann man die Frustration verstehen, aber Gewalt ist keine Perspektive." Abe Bergegardh fügte hinzu, dass die Steinwürfe und gewalttätige Ausschreitungen dem Anliegen der SyndikalistInnen und EU-KritikerInnen nicht dienen. – Genau darum provoziert die Polizei.

Die Polizei will AktivistInnen davon abhalten zu kommenden Treffen zu fahren und zu demonstrieren. Maja Johnsson war trotzdem mit der Großdemo am Samstag zufrieden, auf der sie eine der RednerInnen war: " Mit der Solidarität, die man erfuhr, hat es sich gelohnt, einige Stunden eingesperrt zu sein."

Die SyndikalistInnen aus Gävle sind sehr kritisch gegenüber der Berichterstattung der Medien eingestellt: " 20 000 Leute demonstrierten ruhig und friedlich am Freitag und Samstag. Statt dessen konzentriert man sich darauf, über das zu berichten, was ca. 200 Leute andernorts in Göteborg gemacht haben."

Anders Eulund

 

Arbebaren Nr. 24

20 000 für ein anderes Europa

Die Demonstration der Göteborgsaktion verlief gänzlich ohne Gewalt.

Eine große Zahl an Organisationen unterstützte und beteiligte sich an der ca. 20 000 Mann starken, friedlichen Demonstration für ein anderes Europa am Samstag.

Samstag morgen – Das Göteborger Lokalradio warnt die Allgemeinheit, sich in der Stadt zu bewegen: "Das ist mit Lebensgefahr verbunden." Strassenbahnen und Busse fahren nicht. Am Abend davor wurde Göteborg von gewaltigen Krawallen erschüttert und drei DemonstrantInnen von der Polizei angeschossen. Außerdem ist es kalt und Regenwolke hängen schwer in der Luft. Es kommen immer wieder Ströme von Leuten zum Linneplatsen, wo die Göteborgaktion zur friedlichen Massendemo aufgerufen. In der Nähe der Linnegatan

Stellt sich Attac auf. Sie blasen orangene Ballons auf, ein Sambaorchester beginnt zu spielen. Danach folgt der Umweltblock mit großer Teilnahme der Feldbiologen und der norwegischen Organisation `Natur und Jugend´. Ca. hundert weiße Overalls, ohne Schaumgummischutz und mit zugeklebten Mund protestieren gegen das Eingreifen der Polizei am Hvidfelska – Gymnasium am Donnerstag.

Danach folgen einige hundert dänische und norwegische EU – GegnerInnen mit großer Gewerkschaftsbeteiligung. Der antirassistische Block sammelt sich etwas weiter unten im Schlosspark. Dieser besteht aus der Sozialistischen Partei ( schwed. Sektion der 4. Internationalen – der Übersetzer ), gefolgt vom `schwarzen Block´, größtenteils schwarz angezogen, vor allem vermummte Jugendliche. AFA – Transparente aus Schweden, Norwegen und Dänemark markieren die Reihen.

Auf dem Gehweg im Schlosspark sammeln sich die AnarchosyndikalistInnen. Hunderte schwarzrote Fahnen werden von über 3000 Leuten getragen. Zum größten Teil Schweden, aber auch SyndikalistInnen aus Deutschland, Finnland, Frankreich und Spanien. `Keine Verschlechterung des Arbeitsrechts´ steht auf dem Fronttransparent. Zusammen machen sie den größten Block der Demo aus. Hinter ihnen geht der Gewerkschaftsblock mit mehr norwegischen und dänischen Bannern sowie der Euromarsch. Auf einem anderen Weg formieren sich die politischen Parteien. DieLinkspartei und ihre Jugendorganisation dominiert, aber hier stehen auch die schwedischen Grünen und die sozialistische Gerechtigkeitspartei (Schwesterorganisation der SAV in Schweden – der Übers.).

Die Demoleitung hat die Demoroute nach den Krawallen vom Vortag neu verhandelt. Der eigentlich vorgesehene Ort der Abschlusskundgebung – Götaplatsen – wurde getauscht. Stattdessen soll der Demozug zum Järntorget gehen, in dem Stadtteil Haya und später zurück zum Schlosspark. Die Polizei versprach, nicht einzugreifen, solange die Route eingehalten wird.

Langsam setzt sich der Zug um ca. 11:20 Uhr in Bewegung. Eine Stunde später verlassen die letzten TeilnehmerInnen den Linneplatsen. Im syndikalistischen Block beginnen die Anspannungen der letzten Tage zu schwinden: Leute tanzen und rufen Parolen.

Kurz vor dem Jörntorget stehen Polizeiketten. Dahinter liegt ein Polizeirevier. Leute aus dem

`schwarzen Block´ sind aufgebracht. Sie rufen: " Mörder, Mörder!" Aber Konfrontationen bleiben aus.

Die Demonstration geht wieder zum Schlosspark hoch, ohne dass irgendwelche Ausschreitungen geschehen. 20 000 Leute sammeln sich auf der großen Wiese im Schlosspark, die der Ort der Abschlusskundgebung ist.

Die Reden vom Podium werden von Matte Block-Hansen von der dänischen Einheitsliste eingeleitet, die über die EWU spricht. Alain Krivine, EU - Parlamentsabgeordneter für die französische Trotzkisten der LCR (4.Internationale – derÜbers.) und Joe Higgins, der für die Socialist Party (irische Schwesterorganisation der SAV – d. Übers.) im irischen Parlament sitzt.

" Nächste Woche werde ich mich im irischen Parlament gegen das protestieren, was ich hier in Göteborg gesehen habe. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie die schwedische Polizei bewusst provoziert hat, das ist ein totaler Skandal.Seit 1931 ist es nicht mehr vorgekommen, dass in Schweden auf Demonstrierende geschossen wurde. Auch bei vorherigen Gipfeln ist dies nicht vorgekommen. Aber wir lassen uns nicht einschüchtern," sagte er.

Danach sprachen die SyndikalistInnen Abe Bergegardh und Maja Jönsson. Maja Jönsson wurde während der Nacht, im Zusammenhang mit der Polizeiaktion gegen das Hvidtfelska – Gymnasium festgenommen.

" Ich will die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes unterstreichen. Ein Kampf, der schließlich um eine menschliche Welt geht," sagte Bergegardh, " es sind du, ich und wir alles Wertvolle und die Zukunft schaffen, wo die menschliche Bedürfnisse bestimmen und nicht der Profit. Zweifle nie daran, die Ketten des Kapitalismus zu brechen."

Meena Raman vom Third World Network aus Malaysia forderte die ZuhörerInnen dazu auf, einer neuen WTO – Verhandlungsrunde entgegenzuarbeiten. Eine solche würde zu größerer Unterdrückung und Ausbeutung der armen Menschen führen, sagte sie und ließ sich nicht von den vorherigen Ereignissen in Göteborg niederschlagen: " Festnahmen können unsere Körper einsperren, niemals unseren Willen. Wir werden die Welt verändern."

Die Reden setzten fort mit einem Vertreter der Linkspartei – Jugend, Ali Esbabi und Gustav Fridolin von der Grünen Jugend. Aber es ist kalt, fängt an zu regnen und deshalb gehen die ersten wieder in die Stadt.

Rikard Warlenius Bella Frank

 

19.06.01

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