Appell der Bürger und Bürgerinnen ausländischer Herkunft aus Elmshorn und der Unterelberegion (Stand 16.6.01)

Wir haben mit Erschrecken von Bundesinnenminister Otto Schilly gehört, dass trotz

öffentlicher Kundgebungen, der Aufforderung "Gesicht zu zeigen" und des von Bundeskanzler Schröder eingeforderten "Aufstandes der Anständigen" die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten zugenommen hat. Opfer sind vor allem ausländischer Bürger wie wir.

Der Verfassungsschutz des Landes Schleswig Holstein und der Innenminister Buss warnen immer wieder vor den militanten Neonazizusammenhängen. Der Vorsitzende des Zentralrates der Juden warf zurecht der Politik vor, daß die Nazibedrohung in Deutschland nicht ernst genug genommen wird. Es gäbe keine Stelle wo man sich sicher fühlen könne.

Wir gewinnen den Eindruck, daß dieser Anstieg der rechtsextremen Gewalttaten weder die Öffentlichkeit noch die Politik zu einem ernsthaften und verstärkten Vorgehen gegen die Rechtsextremisten, ihre Organisation und öffentlichen Provokationen veranlasst.

Wir müssen statt dessen feststellen, dass bekannte und einschlägig vorbestrafte Rechtsextremisten-Führer mit ihren braunen Gefolgsleuten fast wöchentlich ungehindert von der Politik, der Justiz und der Polizei durch die Strassen deutscher Städte marschieren und unter den Augen der Staatsgewalt ihre menschenverachtenden Parolen brüllen dürfen.

Dies soll in Elmshorn zum wiederholten Male durch den einschlägig vorbestraften Neonazi Führer, den Millionär Christian Worch, am 14 Juli passieren.

Wir sehen mit Sorge, dass die viel zu wenigen – oft junge Leute – die sich dem Rechtsextremismus entgegenstellen und "Gesicht zeigen" häufig von der Polizei – in Ausführung politischer Vorgaben – in Schach gehalten und als "gewaltätige Gegendemonstranten" kriminalisiert werden, damit die kriminiellen Neofaschisten ungehindert ihre Aufmärsche durchführen können.

Wir fühlen in unserer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und in unseren Grundrechten als Bürgerinnen und Bürger dieses Landes behindert. Wenn die rechtsextremen Gewalttäter durch die Städte marschieren, wagen immer mehr von uns – aus Angst vor Leib und Leben – es nicht unsere Wohnungen zu verlassen.

Wir akzeptieren nicht, dass uns gesagt wird, Politik , Justiz und Polizei könnten an diesem Zustand nichts ändern. Denn wir wissen das die Staatsgewalt in anderen Fällen durchsetzungsfähig war und ist.

Wir, die Bürger ausländischer Herkunft, die zum Teil seit Jahrzehnten in Deutschland leben, hier unsere Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung zahlen und zum Wohlstand unseres Landes beitragen, gewinnen den Eindruck, dass Politik, Justiz und Polizei unseren Schutz und den unserer Familien nicht gewährleisten können oder wollen.

Wir appellieren an unsere Mitbürger, auf die Politik einzuwirken, dafür zu sorgen, dass unsere Familien sich wieder jederzeit und ohne Angst in diesem Land, von denen viele von uns glauben, es sei unsere "zweite Heimat" bewegen können. Das heißt auch, dass Aufmärsche militanter Neonazis wie am 14 Juli verboten werden müssen.

Wir bitten die Leser dieses Aufrufes, unsere Sorgen und Appelle ernst zu nehmen und nicht als "überzogen" oder "Panikmache" abzutun. Wir erwarten ernsthafte Signale, dass wir in dieser Gesellschaft als Menschen und nicht nur als Arbeitskräfte und Einzahler in die Steuer- und Sozialversicherungskassen willkommen und respektiert werden.

Wir haben Vertrauen, dass die Mehrheit der Bevölkerung aus der Geschichte gelernt hat. Denn wenn jetzt nicht entschieden gehandelt wird, haben die Faschisten in Deutschland den Kampf um die Strasse ein zweites Mal gewonnen.

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen –

Für solidarisches Miteinander statt rassistischer Ausgrenzung

Erstunterzeichner (Stand 16.6.01), die 1300 nichtdeutsche BürgerInnen in Elmshorn und näherer Umgebung vertreten

Alevitischer Kulturverein e. V. Elmshorn ( 50 Mitglieder und Familienangehörige)

Deutsch-Türkischer Kommunikationsverein (80 Mitglieder)

IG Metall, Verwaltungsstelle Unterelbe ( 578 nichtdeutsche Mitglieder in Elmshorn ohne Familienangehörige)

Elmshorner Initiative zur Verteidigung des Überlebens der Häftlinge in der Türkei

Sportverein Gencler Birgili e.V. ( 65 Mitglieder)

Kulturverein und Begegnungsstätte Baris e.V. ( 20 Mitglieder)

Türkischer Elternbund Elmshorn e.V. ( 300 Mitglieder und Familienangehörige)

Türkisch-Islamischer Kulturverein e.V. Elmshorn ( ca. 135 Mitglieder/Familienanhörige)

Gaziantep Imbiss, Königsstrasse

Obst- und Gemüseladen Mühlenstrasse

Änderungsschneiderei Mühlendamm

Integrationsbeauftragte der Stadt Elmshorn Rudi Arendt und Riza Yurt