Grüße vom Kuckuck

Verehrter Herr Buhmann,

das können Sie doch nicht ernsthaft glauben und sich noch weniger wünschen, wo Ihnen sicher allein die Vorstellung, der VW-Konzern könne vergesellschaftet werden, kaltes Grauen bereiten muss. Nein, verehrter Herr Buhmann, die rund 325.000 Konzernmitarbeiter bei VW mögen vielleicht ein Auto und Handy, einen Fernseher, eine Waschmaschine und manch anderes Tüttellüt besitzen, ihren Arbeitsplatz jedoch besitzen sie nicht; denn dort tragen sie lediglich ihre Haut oder, wie man früher sagte, ihre Arbeitskraft zu Markte.

Doch irgendwie scheinen Sie geahnt zu haben, als Sie Ihren am 27.6.2001 in den Kieler Nachrichten veröffentlichten Kommentar "Gescheitert an der IG Metall" schrieben, dass Sie diesem Thema nicht gewachsen sind; denn Sie mögen sich nicht so richtig entscheiden. Nun erwarte ich von einem KN-Redakteur nicht, dass er sich dann etwas Wissen aneignet und z. B. die Frage zu beantworten versucht, wie das Verhältnis vom variablen zum konstanten Kapital bei der Produktion des "neuen Minivan auf Golf-Basis" ist und warum sich aus dem daraus folgenden tendenziellen Fall der Proifitrate die Klassenwidersprüche notwendigerweise verschärfen müssen. In Ihrem Fall hätte sogar ein wenig Ludwig Erhard und bescheidenes Wissen über katholische Soziallehre ausgereicht. Nichts dergleichen, Sie stolpern lieber in den wenigen Zeilen Ihres Kommentares blind und zu meinem Vergnügen von einer Falle in die andere.Was also, verehrter Herr Buhmann, haben sie eigentlich gemeint? Das bei VW verhandelte "5000 x 5000" - Modell sei an der von der Gewerkschaft "zum Dogma aufgebauten 35-Wochenstunden-Hürde" gescheitert. "Niemand der gegenwärtig rund 325.000 Konzernmitarbeiter hätte von der Realisierung der Pläne einen Nachteil gehabt". Lange können die von der Gewerkschaft verteidigten "tarifpolitischen Standards" aber nicht mehr gehalten werden, weil ein Unternehmen wie VW es vormache und "sie erkennbar zu nichts anderem dienen als der Wahrung aktueller Besitzstände der Arbeitsplatzbesitzer".

Wenn ich mal die Legende von der 35-Wochenstunden-Hürde unberücksichtigt lasse, verbleiben zwei Aussagen, deren Widersprüchlichkeit vermutlich nur Sie nicht erkennen. Dennoch (oder deshalb) treffen selbst Sie den Kern der Sache. Es ging nämlich um 40%, die VW bei den neuen Mitarbeitern an Lohnkosten sparen wollte, nicht nur, um den variablen Anteil der Fertigungskosten beim Minivan deutlich unter die 15% des bisher in den deutschen VW-Werken üblichen zu drücken, sondern auch, um neue Maßstäbe für alle anderen Beschäftigten zu setzen. Sie sagen selbst, daß VW "die Hebel dazu in der Hand" hat. Aber Ist nicht das Eigentum im Kapitalismus unantastbar und das höchste der zu schützenden Güter? Sehen Sie!

Womit ich bei der katholischen Soziallehre und Ludwig Erhard, der wiederum kein Katholik war, wäre. Die forderten nämlich, dass eine Facharbeiterentlohnung ausreichen müsse, eine Familie zu behausen, zu ernähren und zu kleiden, den Kindern eine gute Ausbildung und angemessene Teilnahme am kulturellen und gesellschaftlichen Leben und dem Arbeiter selbst die Regeneration seiner Arbeitskraft zu ermöglichen.

Schon mal etwas davon gehört?

Das zumindest fragt Sie

Ihr Kuckuck

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