Privatisierung:

Noch ein Kandidat

Nun also die KVAG. Dieser Tage wurde bekannt, dass ein Gutachten einer Hamburger Firma der Stadt eine Teilprivatisierung empfiehlt. Die Löhne der Kieler Busfahrerinnen und -fahrer würden bis zu 25% über denen der privaten Konkurrenz liegen. Vor der meint man Angst haben zu müssen, da seit längerem im Gespräch ist, dass die EU-Kommission eine Verordnung erlassen könnte, die die öffentliche Ausschreibung von Buslinien zur Pflicht machen würde. Allerdings: So anonym ist der Druck nicht. Die Bundesregierung könnte, wenn man denn tatsächlich gegen die Privatisierung des ÖPNVs wäre, durchaus diverse Hebel in Bewegung setzten, um die Ausschreibungspflicht zu verhindern. Doch davon ist man weit entfernt. Während im Umweltbereich so manche EU-Richtlinie jahrelang ignoriert wird, setzt man die noch gar nicht verabschiedete ÖPNV-Verordnung bereits seit Jahren in vielen Kommunen gegen die ÖPNV-Beschäftigten und die kommunalen Verkehrsbetriebe als Knüppel ein. In vielen Städten wurde die durchschnittliche Fahrleistung und damit der Stress für die Beschäftigten bereits drastisch erhöht. In Kiel stimmte die Gewerkschaft ÖTV 1996 einen Tarifvertrag für Neueinsteiger zu, der diese deutlich schlechter stellt. Mit knapp 2000 DM netto (ohne Feiertagszuschläge etc.) geht ein lediger 23jähriger bei der KVAG nach hause. Für die belastende Arbeit nicht gerade ein königliches Gehalt.

Nun wird der ÖTV die Rechnung präsentiert: Die Schrauben sollen offenbar ein wenig weiter angezogen werden. Die Tarife müssen gesenkt werden, empfehlen die Gutachter der Stadt. Entsprechend sauer war man auf einer Betriebsversammlung am Dienstag letzter Woche. Aber ob die neue Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di daraus die einzig logische Konsequenz zieht und einen für Private wie Öffentliche geltenden Flächentarifvertrag mit einem anständigen Gehalt anstrebt?

Unterdessen hat sich Landeswirtschaftsminister Rohwer erneut für die Trennung von Bahn und Schiene im Regionlaverkehr ausgesprochen. Mehr Wettbewerb müsse her, der bringe auch größere Zuverlässigkeit. Wie bei jeder Religion ist halt auch beim Neoliberalismus das Wesentliche, dass man die Gebete oft genug aufsagt, um sie zu glauben.
(wop)

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