Verkehr

Flughafen:

Raumordnungsverfahren gefordert

Die von der Bürgervereinigung gegen die Startbahnverlängerung in Kiel-Holtenau durchgeführte Demonstration am 11.7.2001 mit über 300 Teilnehmern vor dem Landeshaus in Kiel hat die Auseinandersetzung weiter zugespitzt. Vor dem Landeshaus musste Minister Rohwer 12.000 Unterschriften gegen die Startbahnverlängerung in Empfang nehmen und erklärte öffentlich, dass es ausschließlich um die Erhaltung des Linienverkehrs ginge. Die Gutachten seien noch nicht fertig und könnten den beteiligten Gemeinden und Bürgervereinigungen deshalb noch nicht ausgehändigt werden. Alle Parteien erklärten vor dem Landeshaus öffentlich noch einmal ihre Ablehnung eines Großflughafens mit Charter.

Demo gegen Fluglärm

Um so erstaunter waren alle Beteiligten, dass am selben Tag Herr Wirtschaftsdezernent Rethage erste Ergebnisse der neuen Gutachten und erste Bewertungen im Schleswig-Holstein Magazin veröffentlichte, nach dem Motto "Es wird alles nicht so schlimm....".

Die Bürgervereinigung hält dieses Vorgehen in ihrer Presseerklärung vom 12.7. für einen ungeheuerlichen Vorgang: "Der immer wieder durch Herrn Dr. Rethage angemahnte sachliche, offene und ehrliche Umgang mit allen Beteiligten wurde mit diesem Vorgang durch ihn Lügen gestraft. Er selbst hat in mehreren öffentlichen Veranstaltungen zugesagt, die Gutachten umgehend allen Beteiligten zugänglich zu machen. Das jetztige Vorgehen des Wirtschaftsdezernenten schafft weder Vertrauen, noch dient es der Sache.

Demo gegen Fluglärm 2 Flughafengegner Anfang Juli vor dem Landeshaus

Es zeigt vielmehr die Aufgeregtheit in der Auseinandersetzung mit dem mündigen Bürger und rüttelt in ganz erheblichem Maße an der Glaubwürdigkeit der Politik.

Die Bürgervereinigung fordert daher die unverzügliche Aushändigung der bisher erstellten Gutachten an alle Beteiligten. Am 18.7. tagte der Wirtschaftausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit und es wurde laut KN von "Überprüfung der Gutachten auf ihre Stimmigkeit" gesprochen. Die Flugbewegungen würden bis zum Jahr 2011 um zehn Prozent zunehmen, damit würden Lärm und Schadstoff in unerheblichen Maße anwachsen. Die hohe Qualität der Gutachten wurde von Rethage herausgestellt.

Am selben Tag verlangte der Gemeinderat von Altenholz einstimmig die Herausgabe aller Gutachten sowie aller Zwischenergebnisse. In weiteren einstimmigen Beschluss wird das Land aufgefordert ein Raumordnungsverfahren durchzuführen.

Die Gutachten liegen bis heute nicht vor. Tatsächlich haben sich die bisherigen Gutachten um eine korrekte Untersuchung der Lärmbelastung gedrückt. Bewusst wurde bisher der Flugbetrieb der Hubschrauberstaffel des MFG 5 ausgespart, der einen beachtlichen Teil des Fluglärms in Holtenau/Altenholz ausmacht. Möglicherweise wird hier stillschweigend geduldet, was eigentlich den gesetzlichen Lärmvorschriften widerspricht. Hinzukommt, dass die Marinehubschrauber ihre Übungen direkt über dem Wohngebiet in extrem belastender Weise durchführen. Erholung, Arbeit und Unterricht sind kaum möglich, schon gar nicht bei offenen Türen und Fenstern. An dieses Thema trauen sich die Parteien nicht heran, weil sie nicht mit der Marine in Konflikt geraten wollen.

Das Thema Lärm wird bei dem geplanten Flughafenausbau eine große Rolle spielen, denn möglicherweise gelten demnächst weit schärfere bundesweite Richtlinien für den Flugbetrieb. Deshalb möchten die Kieler Wirtschaftpolitiker den Flughafen mit einem Planfeststellungsverfahren über die Kieler Ratsversammlung schnell unter Dach und Fach bringen. Tatsächlich ist es so, dass der jetzige Flugbetrieb nur zwischen 40 und 60 % ausgelastet ist (offizielle Daten gibt es nicht), also stark im wirtschaftlichen Defizit. Es gibt keinen wirklichen Bedarf, z.B. ist der Flugbetrieb nach Berlin stark reduziert worden, seit es von der Bahn die Intercity-Anbindung gibt.

Nach der in Kiel üblichen Politik "Erst mal Tatsachen schaffen, dann wird es sich schon regeln", erhoffen sich einige Kieler Politiker durch den Flughafenausbau mehr Attraktivität für Kiel als Wirtschaftsstandort. Denn ist der Flughafen erst mal erweitert, dann gibt es die Bedienpflicht. Eine Beschränkung auf den Linienflugverkehr ist rechtlich nicht möglich. Und nur mit Charter wäre der Flughafenbetrieb rentabel. Ein wirtschaftliches Muss, wenn man die defizitäre Haushaltslage von Stadt und Land betrachtet, die den Flughafen auch weiterhin finanziell in unbekannter Höhe fördern müssten.

Die Lärmentwicklung ist dann nicht mehr zu bremsen. Ein Schulunterricht in Altenholz könnte z.B. nicht mehr stattfinden. Die Lärmbelastung würde ca. 150.000 Menschen treffen.

Um dem Vorgehen der Kieler Politiker zu begegnen ist die Forderung nach einem Raumordnungsverfahren am dringlichsten.

Der Wirtschaft geht es eigentlich um die Schaffung eines Flughafens der nicht nur Linienverkehr, sondern Charter in großem Umfang ermöglicht. Obwohl dieses Streben allein auf dem Profitdenken der Flugzeugindustrie und der Tourismusbranche basiert und es angesichts der Klimakatastrophe unvernünftig ist, den Flugverkehr immer mehr zu fördern, handelt es sich dabei um ein Projekt, das nur auf Landesebene entschieden werden sollte.

Es geht um sehr viel Geld, das in anderen Bereichen dringender nötig wäre (z.B. an Schulen und Universitäten oder bei der Förderung von Windenergie). Bei den zunehmend knapper werdenden Finanzmitteln des Landes ist eine Entscheidung auf Landesebene unter Berücksichtigung der Interessen aller Regionen wichtig, um Fehlplanungen zu vermeiden und Eingriffe in schützenswerte Bereiche zu verhindern. Des Weiteren ist die Standortfrage im Falle eines Ausbaus auch sehr wichtig. Kiel liegt nicht gerade zentral und ist außerdem verkehrstechnisch überlastet.

Das Problem ist aber, dass es rechtlich nicht möglich ist, ein Raumordnungsverfahren zu verlangen. Die Landesregierung zieht sich darauf zurück, dass noch kein konkretes Anliegen vorliege. Der Gemeinderat Altenholz hat dem allerdings erwidert, dass bereits mit der Potenzialanalyse dringender Handlungsbedarf besteht. Hier sind also die politischen Parteien, insbesondere die GRÜNEN gefordert dies zu erwirken.

Am Beispiel des Flughafenausbaus zeigt sich erneut wie in Kiel die wirtschaftlichen Interessen einzelner durchgesetzt werden, trotz der Gefährdung und auf Kosten des Gemeinwohls. Deshalb ist es dringend nötig sich dagegen zusammenzuschließen. Interessierte treffen sich in der Bürgervereinigung gegen die Startbahnverlängerung Kiel-Holtenau e.V. in verschiedenen Ortsgruppen und in Arbeitsgruppen zu Strategie, Recht, Umwelt, Wirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit. Auch als Fördermitglied lässt sich ein Beitrag leisten.

Die Bürgervereinigung hat bereits angekündigt, dass es am Sa., den 15.09. in der Edgar-Meschkat-Halle, Altenholz eine Auftaktveranstaltung für einen heißen Herbst mit Informationen aus den Arbeitsgruppen und Stellungnahmen zu den dann evtl. vorliegenden Gutachten geben wird, um den Protest inhaltlich zu stärken. (uws)

Weitere Informationen gibt es auf der Web-Seite der Bürgervereinigung: www.startbahn-kiel.de

Hier finden sich die aktuellen Termine, Berichte und auch fachliche Stellungnahmen und Material zu den einzelnen Themen.

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